Höchste Zeit, von Bord zu gehen

Unökologisch, unsensibel und nicht mal richtig privat: Warum machen Prominente wie Leonardo DiCaprio, Paris Hilton und Dua Lipa immer noch Yachturlaub? 

Jeff Bezos, Dua Lipa mit ihrem Partner und Paris Hilton: Die Namen sind so austauschbar wie die Urlaubsfotos.

Fotos: Instagram

So hatte sich Paris Hilton ihren Urlaub nicht vorgestellt. 7-Sterne-Resort in Maui, Hawaii, und dann fängt es nebenan an zu brennen. Dabei haben Influencerinnen wie sie ja eine feste Agenda, was ihre Inhalte angeht, und für letztes Wochenende war nun mal ganz klar »Familienglück unter Palmen, endlich!« für die Paparazzi angesetzt. Also wurde das halt auch geboten: Sie, ihr Mann Carter Reum und Baby Phoenix (plus Entchen-Schwimmtier) in trauter Viersamkeit am Meer, das Paar Hand in Hand am Strand – knapp 50 Kilometer von den verheerenden Bränden entfernt, bei denen bislang 96 Menschen ums Leben kamen.

Sagen wir es so: Es kam nicht gut an. »Erde an Paris Hilton?«, kommentierten User auf Social Media oder »not hot« in Anspielung auf ihre neue Single namens »hot one«. Hilton postete daraufhin noch zwei Spendenaufrufe in ihren Stories und erst mal keine Urlaubsbilder mehr.

Wäre sie doch bloß dort geblieben, wohin all die anderen Prominenten sich dieser Tage verziehen: auf einer Yacht. Dort war die 42-Jährige laut ihrem Instagramaccount nämlich vorher, irgendwo in Griechenland, und fotografierte sich im pinkfarbenen »Barbie«-Bikini mit Leomuster, weißer Gucci-Sonnenbrille und lasziv gezogener Duschbrause. (Ist ja schneller als Abkühlung zur Hand als mal eben ins Wasser zu hüpfen.) Aktuell schippern auch Demi Moore und Dua Lipa in diesen Gewässern herum, Salma Hayek ist vor Mexiko unterwegs, selbst Keanu Reeves wurde vor kurzem auf einer Yacht vor Capri gesichtet. Obwohl, nein, das war höchstens ein Boot, keine Yacht und erst recht keine Superyacht, die man laut Regelwerk erst ab 24 Metern so nennen darf, was unter den Superreichen natürlich immer noch eine lächerliche Länge ist.

Warum berühmte Menschen so Urlaub machen, ist klar. Luxus (und schönere Möbel) gibt es auch in Hotels wie dem Il Pellicano, aber auf dem Meer hat man weitgehend seine Ruhe. Keine fremden Menschen, mit denen man das Poolwasser teilen muss, Privat-Gym, Privat-Bar, Privat-Kino und was sonst noch so privat sein kann, im Idealfall können die Frauen in einer einsamen Bucht, die nur mit dem Boot zu erreichen ist, sogar oben ohne baden. Die Sache hat allerdings zwei Haken, eigentlich sogar drei.

Ökologisch ist das Ganze superfragwürdig. Zumal vielbeschäftigte Leute wie Leonardo DiCaprio ihre Landgänge von der Yacht gelegentlich mit dem Hubschrauber erledigen. Außerdem kommt ein Boot selten allein: Um die wirklich Reichen und Berühmten cruisen immer noch ein paar Beiboote herum, um Piraten oder Paparazzi zu verjagen, womit wir beim zweiten Haken wären. So abgeschottet wie erhofft ist man auf dem eigenen Tanker gar nicht mehr. Elizabeth Taylor und Richard Burton wurden schon 1962 knutschend auf einer Yacht fotografiert – beide waren verheiratet, nur eben nicht miteinander. Das Teleobjektiv machte es damals möglich. Dafür gibt es jetzt Drohnen, gegen die Beiboote nicht viel ausrichten können.

Deshalb kamen wir vergangenes Jahr in den Genuss von Bildern eines käseweißen Elon Musk (der daraufhin sofort Ozempic spritzte), dieses Jahr gab es Aufnahmen vom offensichtlich sehr verliebten Jeff Bezos und seiner Verlobten Lauren Sánchez, die auf einer der Sitzbänke übereinander herfielen. Sternstunden der alljährlichen Urlaubsberichterstattung.

Genau diese beliebte Rubrik – dritter Haken – ist durch die fortschreitende Yachtisierung ansonsten nämlich furchtbar eintönig geworden. Alle posten dieselben Bilder, Page Six, Daily Mail und Hello! arbeiten fast nur noch mit einer Überschrift (»XY shows off her jaw-dropping figure in a xyz bikini as she poses on yacht«) und ersetzen lediglich Namen (Demi Moore/Salma Hayek/Sydney Sweeney) und Farbe des jeweiligen Zweiteilers (grün/blau/schwarz), der die kinnladenrunterklappende Figur in Szene setzt.

Will man sich ernsthaft so von anderen abheben? Mit den immer gleichen »Ich im Bikini vor weißem Lack«-, »Ich an der Reling«-, »Ich eingeölt an Deck«-Fotos? Den irgendwie doch sehr ähnlichen »Land vor Blau«-Eindrücken? Auch hier sticht Keanu Reeves wie immer heraus. Er lümmelte erst angenehm unprätentiös in langen Khaki-Shorts am kleinen Deck herum, trank dann mit seiner Schwester Prosecco oder Franciacorta (jedenfalls eindeutig Rosé) und düste später in einer gelben Vespa durch Capri. Superurlaub.

Typischer Instagram-Kommentar: »Wer hat die Längste?«
Kategorien im »Millionärs-Yachten«-Quartett: Länge, Breite, Verdrängung, Tiefgang, PS, Knoten
Passender Film: »Triangle of Sadness«