»Hühnerstange« wurde die VIP-Tribüne mit den Spielerfrauen früher genannt. Lustige Wortschöpfung irgendwie, würde die ein oder andere selbstironische Spielerfrau wahrscheinlich sogar selbst zugeben. Weil sie ja tatsächlich so aufgereiht dasitzen, ausgestellt vor Publikum, ohne richtige Funktion. Aber wegbleiben ist auch keine Option für die Spielerfrau, schließlich ist das die ihr von der Öffentlichkeit zugeteilte Hauptaufgabe: moralische Unterstützung der Mannschaft, abseits vom Platz den Rücken freihalten.
Fehlt sie doch einmal und der Spielermann verschießt einen Elfer – dann war sie es womöglich, die ihn im Stich gelassen hat. Bei einem Hinrunden-Kick gegen die Eintracht mag das noch durchgehen, jetzt bei der EM? Keine gute Idee. Man darf von vollbesetzten Rängen ausgehen.
Umso schwieriger die Frage: Was zieht man da als Spielerfrau eigentlich an? Da haben es die Männer, deren Seite sie flankieren, bei der EM ja deutlich einfacher. Heimtrikot, Auswärtstrikot, fertig. Man sieht deutsche Spielerfrauen deshalb immer häufiger auch im Trikot, was nicht wirklich gut aussieht, aber hochmotiviert rüberkommt und mit gleicher Rückennummer immerhin zum Tribünen-Memory taugt: »Finde das zugehörige Pärchen im Publikum!«
Auch deshalb trainieren die Boulevard-Blätter die Zuschauer schon jetzt mit Spielerfrau-Galerien. Wer sich richtig auskennen will, muss auch die erweiterte Mannschaft fehlerfrei zuordnen können; hier wird ja ebenfalls mehr rotiert als früher. Wirklich kompetitive Fans haben längst auch die Länder-Rankings drauf. Laut der britischen Mail ganz vorn mit dabei: Die ehemalige Miss Belgien Noemie Happart, Freundin von Belgiens Stürmer Yannick Carrasco, immerhin dicht gefolgt von Götze-Freundin Ann-Kathrin Brömmel.
Aber zurück zur Ausgangsfrage: Was zieht die moderne Spielerfrau an, um patriotisch, aber nicht idiotisch auszusehen? Zu aufgedonnert und zurechtgemacht erinnert sofort an die Super-Wags, Cheryl Cole und Victoria Beckham, anno 2006 mit engen England-Tops, großen Sonnenbrillen und sehr kurzen Hosen, und befeuert nur wieder das Vorurteil: »Die Mehrheit der Spielerfrauen ist einfach nur hohl, aber dafür bis in die Haarspitzen gestylt.« Klingt übrigens nur nach Waldemar Hartmann. Der Satz stammt von Bianca Illgner.
Vielleicht hilft ein Blick in das neue Magazin »Season«, ein Fußball-/Modeheft für Fans, die nebenbei zufällig weiblich sind. In England trifft das mittlerweile auf 25 Prozent aller Zuschauer zu und man darf davon ausgehen, dass sie sich mit Abseits ebenso auskennen wie mit Viererketten.
Diese »Girlfans« tragen in Season also schon mal Fußballtrikot mit Tennisrock und Radlerhose drunter. Das würde man nicht mal Schweinsteiger-Freundin Ana Ivanovic raten. Was schon eher in Frage kommt, sind die Vintage-Trikots zur 501. Die französischen oder italienischen Spielerfrauen mögen mit einem alten zartgestreiften Coq Sportif beziehungsweise azurblauem Gli Azzurri da leicht im Vorteil sein. Aber eine Kindergröße des alten Adidas 94er-Deutschlandtrikots oder die grünen Auswärtstrikots aus den 80ern – das wäre durchaus eine gute Variante von der Stange.
Wird getragen von: Spielerfrauen bis Public-Viewing-Besucherinnen
Das sagt die Trägerin: Mit dem Look gerate ich nie ins Abseits!
Das sagt die beste Freundin: Ob Mailand oder Madrid – Hauptsache ein Italiener!
Typischer Instagram-Kommentar: Man sieht gar keine Bälle!
Foto: DDP