Bräuteschema

Ein Mai-Rat zur Heirat: Wer wissen will, wie die Hauptperson tickt, sollte nicht darauf achten, was für einen Mann sie sich ausgesucht hat ­ sondern was für ein Hochzeitskleid.

Das kleine Schlichte
Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass Ehen aus Liebe geschlossen werden. Die meisten Hochzeiten, zumal in gehobenen Kreisen, gleichen eher gut geplanten PR-Veranstaltungen. Mit dem champagnerfarbenen Etuikleid zeigt die Braut, dass sie neben materiellen Mitteln auch über Geschmack und Stil verfügt. Überraschungen sind hier nicht zu erwarten, eher gepflegte Langeweile. Hochzeitsort: die Finca auf Mallorca.

Die Sahnebaiser-Braut
Obwohl der Brauch, in Weiß zu heiraten, aus dem 19. Jahrhundert stammt, befinden wir uns hier stilistisch eher im Gelsenkirchener Barock. Mit Spitzen, Rüschen und Schleifen verpackt sich die Braut als Geschenk und will im Gegenzug Geborgenheit. So würde ein Mädchen eine Braut zeichnen, deren Kutsche von Einhörnern gezogen wird. Hochzeitsort: ein Schlösschen am Tegernsee. Der Hosenanzug
Die Aussicht auf Eheschließung macht aus gestandenen Frauen kreischende Mädchen ­ so will es das Klischee. Eine Ausnahme ist die Braut im Hosenanzug, der man ein gewisses Unbehagen gegenüber der traditionellen weiblichen Rolle unterstellen könnte. Oder sie will vielleicht nicht als überdimensionale Christbaumspitze zum Altar schreiten. Schön sind Modelle, die an den Smoking des Herrn angelehnt sind und Braut-Klischees elegant umschiffen. Hochzeitsort: Dänemark, auf der Insel Fünen.

Die Strandnummer
Strandhochzeiten sind für Menschen, die alles anders machen wollen. Der Vorteil ist, dass das Geld für die Flugreise beim Kleid eingespart wird: Die Braut erscheint barfuß, nur mit ein paar Muschelketten und ins Haar gesteckten Blüten. Aber Vorsicht: Manchmal ist die Traumhochzeit unter Palmen nur schön, aber nicht gültig, und muss zu Hause vor einem schlecht gelaunten Standesbeamten nachgeholt werden. Hochzeitsort: der Hotelstrand in der Dominikanischen Republik.

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Lady in Red
In der traditionellen Farbsymbolik steht Rot für Liebe und Krieg ­ Umstände, in denen bekanntlich alles erlaubt ist. Die rote Braut pfeift auf Tradition, sie setzt auf unverblümte Erotik. Das rote Kleid ist beliebte Wahl für die Zweit- oder Dritthochzeit. Geheiratet wird aus Lust am Auftritt, der Bräutigam ist Staffage. Hochzeitsort: Little White Chapel, Las Vegas.

Das Vintage-Mädchen
»Mein Brautkleid ist vom Flohmarkt, voll 50er, total kitschig!« - »Süß!« So könnte ein Gespräch zwischen Braut und Brautjungfer verlaufen, wenn beide in einer Großstadt leben und unter 25 sind. Das Vintage-Brautkleid ist das verspielte Pendant zur trashigen Las-Vegas-Hochzeit aus Jux und Tollerei ­ wer die eigene Heirat als Gag inszeniert, sollte seine Motive eventuell noch mal überdenken. Hochzeitsort: der Berliner Fernsehturm.

Illustration: Marc Herold