»Dylan mahnt mich, Haltung zu zeigen«

Der Schauspieler Trystan Pütter über das Lied, das ihm selbst dann ein gutes Gefühl gab, als er obdachlos war - und welches den größten Herzschmerz seines Lebens ein wenig erträglicher machte.

    Trystan Pütter dachte mal, er sei Michael Jackson

    Lottermann and Fuentes

    #1 »The Way You Make Me Feel« von Michael Jackson
    Mit elf Jahren war ich der größte Michael-Jackson-Fan der Welt. Mein Zimmer war gepflastert mit Postern, die die unterschiedlichen Stadien seines Gesichts zeigten - das war so interessant wie gruselig. »The Way You Make Me Feel« ist für mich einer seiner besten Songs; er hat in mir die Ahnung gesät, dass man übers Tanzen ein Mädchen gewinnen kann. Bei Jacksons Konzert 1992 im Frankfurter Waldstadion war ich nach dem fünften Song so geflasht, dass ich von meinem Sitz aufsprang und die typischen Jackson-Moves performte. Die Menschen um mich herum haben sich totgelacht über diesen kleinen weißen Jungen außer Rand und Band. Ich dachte, ich sei Michael Jackson.

    #2 »Runaround Sue« von Dion
    Seit ich mit den Filmen »Ku'damm 56« und »59« in die Welt des Rock'n'oll eingetaucht bin, läuft morgens immer wieder »Runaround Sue« bei uns. Ich hab zwar viele der Tanzschritte verlernt, aber meine Zweijährige liebt es, zu dem Song durch die Luft zu fliegen.

    #3 »Money And Women« von Wyn Davies
    Wyn Davies ist für mich das größte Talent im Rapgame - unentdeckt, poetisch, tief, depressiv, visionär und die Stimme einer Generation von Kids, die sich nach Sinn sehnt. »She knows« ist einer meiner Lieblingstracks, denn die Zeile »I'm a baller trapped in the body of a broke dude« beschreibt auch mich ganz gut. Und »Money And Women« ist fast schon ein Klassiker.

    #4 »Petit Frère« von Iam
    Mit 19 war ich eine Weile obdachlos und hab in meinem Citroën Saxo gelebt. Ich spreche zwar kein Französisch, aber damals dröhnte Iam dröhnte durch die Boxen, die ich mir von meiner Zivi-Kohle gekauft hatte. Die Beats sind für mich das Maß aller Dinge und bringen mich sofort zurück in meine Heimat Dietzenbach und in meinen weißen Saxo. »Petit Frère« ist der Soundtrack dieser Zeit, die ich trotz allen Widrigkeiten sehr genossen habe. Absolute Freiheit!

    #5 »I Shall Be Released« von Bob Dylan
    Was gibt es zu diesem Song zu sagen? Nichts würde seiner Sprengkraft, seiner musikalischen und politischen Dimension gerecht werden. Dylan kam erst spät in mein Leben, aber seitdem mahnt er mich Haltung zu zeigen und das Mittelmaß zu meiden.

    #6 »I've Been Loving You Too Long« von Otis Reddings
    Dieser Song hat mich durch die schwerste Zeit meines Lebens begleitet. Ich habe damals unglücklich geliebt - so sehr, wie ich es nie geglaubt hätte zu können. Otis hat mich durch diese Zeit gesungen. Manchmal gehen die Dinge Gott sei dank gut aus...


    #7 »Im Herzen von Europa« - Stadionhymne von Eintracht Frankfurt

    Es tut mir leid, aber das muss noch sein! Wenn ich an Heimat denke, ist das ein diffuser Raum zwischen Frankfurt, Heidelberg und Wales, meiner Mutter und meinem kleinen Bruder. Eins weiß ich aber genau: Die Eintracht ist mein Verein! »Der eine liebt sein Mädchen, und der andre liebt den Sport« - ich tue beides!

    Foto: Lottermann and Fuentes