Die ehemalige Pornodarstellerin Michaela Schaffrath überraschte vor einiger Zeit mit der Idee, ihren Künstlernamen „Gina Wild" meistbietend versteigern zu wollen, um den endgültigen Schlussstrich ihrer Pornokarriere zu markieren. Doch wer sollte Geld für ein Porno-Pseudonym ausgeben, da es zur Namensfindung doch ein kostenloses Spiel gibt, das regelmäßig auf Partys zur Sprache kommt: Man bildet sein Pornostar-Pseudonym, indem man den Namen des ersten Haustiers mit dem Straßennamen der ersten Adresse kombiniert.
Bei mir ergibt das Johnny Howarde (inklusive exotischer Aussprache:
„Hau-worr-die"), bei meiner Freundin Lalli Park. Wir können uns das
ziemlich gut auf dem Cover einer DVD vorstellen: Lalli Park und Johnny
Howarde in „Tagebuch der Lust. Teil IV". Die Namen geraten bei diesem
Spiel deshalb so erotisch schmuckvoll, weil sich die Naivität des
Tiervornamens mit der seriösen Bodenständigkeit des Straßennamens
verbindet, der auf die Qualität und das hohe technische Niveau der
lustvollen Ausgelassenheit verweist. Hätte das doch auch Lara Madden gewusst, die anders als Michaela
Schaffrath dringend einen Pornonamen suchte. Sie übernahm einfach den
echten Namen einer ehemaligen Schulkameradin, Syvette Wimberly, worauf Frau Wimberly seltsame Anrufe erhielt und gegen den Namensraub klagte.
Ein pornophilologisch versierter Richter sollte mildernde Umstände
gelten lassen, denn natürlich ist Syvette Wimberly ein verführerisch
gutes Porno-Pseudonym: eine Mischung aus exotischem Vornamen und nach englischem Landsitz klingendem Nachnamen. Auch scheint vom Buchstaben „y", diesem typografischen Schoß, der mit übereinander geschlagenen Beinen auf einem unsichtbaren Barhocker sitzt, sexuelle Anziehung auszugehen.
Denn in der Liste der 100 angesagtesten Pornostars im Branchenmagazin
Genesis findet man neben Shyla Stylez, Shy Love und paraphrasierten
Schauspielerinnennamen wie Sky Lopez oder Dru Berrymore auch Damen
namens Stormy Weathers, Penny, Sunny oder Courtney Cumms. Männer heißen mit originellem Rechtschreibfehler zum Beispiel Lexington Steele.
Noch deutlicher mag es der Musiker LL Cool J, sein Name bedeutet: Ladies love cool James. Welche Konsequenz hat diese Hochrüstung im Namensdesign des Showgeschäfts für unser Privatleben? Gibt es Namen, die per se unerotisch sind und engere Bande verhindern könnten?
In den Tagträumen von Sexualität mögen Kitsch und Exotik zwar ihren
ungefährdeten Platz haben und die Blaue Lagune sowie der mentale
Weichzeichner intakt sein. Doch in der Realität muss man sich keine
Sorgen machen, wenn man nicht Emmanuelle oder Larry Langhammer heißt.
Aber hier und da eine Syvette wäre ganz nett. Denn Namen sind Phall und
Rauch.