Ich bin der Chef vom Dienst hier beim SZ-Magazin, ich muss den Leuten hinterherlaufen, damit sie ihre Termine einhalten. Und mit der Druckerei telefonieren, wenn die Herrschaften mal wieder Sonderwünsche zum Papier oder den Farben äußern. Das SZ-Magazin wird seit 15 Jahren im Elsass gedruckt und alle fünf, sechs Monate fahre ich da persönlich hin. Deshalb kenne ich mich inzwischen im Elsass ganz gut aus. Und weil unsere Textredaktion letztes Jahr den Deutsch-Französischen Journalistenpreis gewonnen hat, habe ich vorgeschlagen, das Preisgeld doch an einem Wochenende im schönen Elsass zu verjubeln, beim Wandern in den Vogesen und natürlich beim Essen.

Wir wanderten entlang der elsässischen Weinstraße. Von Kaysersberg aus, einem schmucken Städtchen mit Renaissancebauten und dem Geburtshaus Albert Schweitzers, über Ammerschwihr mit seinen vielen Storchennestern, weiter durch das Anbaugebiet der berühmten Lage Kaefferkopf nach Katzenthal. Lediglich drei Kilometer Weg, aber die untrainierteren Redakteure verlangten eine erste Pause – also Weinprobe bei CLÉMENT KLUR, einem Biowinzer, der auch meinen Lieblingswein verkauft: Sein Pinot Noir ist einer der wenigen Rotweine aus dem Elsass; für seine drei Cuvées hat Klur schon völlig zu Recht verschiedene Preise gewonnen.
Leicht beschwingt ging es weiter nach Niedermorschwihr, dem Ort, in dem CHRISTINE FERBER ihre bekannten Marmeladen verkauft, die noch in kleinen Kupferkesseln eingekocht werden. Direkt gegenüber liegt eines meiner Lieblingslokale: das CAVEAU DES SEIGNEURS, eine typische elsässische Weinstube, geführt von zwei lustigen Schwestern. Als ich zwei Wochen zuvor für uns reservieren wollte, meinten die nur: »Das lassen wir mal lieber. Wer weiß, ob wir dann überhaupt noch leben.« Ihre Spezialitäten: Fleischpastete in verschiedenen Variationen und Weinbergschnecken. Kam gut an bei meinen Leuten und den Schwestern werden wir wohl auch in Erinnerung bleiben: Nie zuvor passierte es ihnen, dass an einem Abend der gesamte Weinvorrat vernichtet wurde. Wir übernachteten in Bollenberg, inmitten von Weinbergen, ideal für einsame Spaziergänge. Am Wochenende ist das Hotel DU BOLLENBERG ziemlich ausgebucht, wenn die Franzosen aus der näheren Umgebung ins hoteleigene Restaurant kommen. Savoir-vivre nennt das der Franzose, der auf so ein perfektes Wochenende selbst in Zeiten wirtschaftlicher Flaute nicht verzichtet.

Wer lieber in einem der kleinen romantischen Winzerorte wohnen möchte, dem sei Turckheim empfohlen. Dort dreht im Sommer tatsächlich noch ein Nachtwächter die Runde und wünscht jedem eine gute Nacht. Allein deswegen muss man das Elsass einfach lieben. Und unsere Reisegruppe hat den Ausflug auch zu schätzen gewusst.

Meistgelesen diese Woche:

HOTEL DU BOLLENBERG, F- 68250 Westhalten/Bollenberg, Tel. 00333/89496247, DZ/FR ab 50 Euro pro Person, Menü im Restaurant ab 37 Euro. HOTEL BERCEAU DU VIGNERON, 10, Place Turenne, F-68230 Turckheim, Tel. 00333/89272355, DZ/FR ab 42 Euro pro Person. BIOWEINBAU CLÉMENT KLUR, 105, rue des Trois Epis, F-68230 Katzenthal, Tel. 00333/89809429, Mo–Sa 13.30–18.30 Uhr und nach Vereinbarung. RESTAURANT CAVEAU DES SEIGNEURS, 124, rue des Trois Epis, F-68230 Niedermorschwihr, Tel. 00333/89271275. Lektüre: Rudolf Walz, Große Elsass-Wanderung, Teil 2, von Obernai nach Thann, Walz Wanderferien Verlag, Tel. 07127/32044.