Barack Obama

Ab Dienstag dann endlich auch ernannt: ein US-Präsident, so perfekt, dass er schon unwirklich erscheint.

Irgendwo in einem hübschen Vorort von Washington zwischen all den Baskin-Robbins-Eisläden, den Villen mit den weißen Säulen und den Foot-Locker-Schuhshops muss es eine Art Agentur geben, die sich darauf spezialisiert hat, dem demokratischen Willen des amerikanischen Volkes ein wenig nachzuhelfen. Wie sonst lässt es sich erklären, dass das für eine Weile immer noch mächtigste Land der Welt auf einmal einen Präsidenten bekommt, der bei längerem Hinsehen und jetzt, wo die charismatrunkenen Lobpreisungen langsam verklungen sind, mehr und mehr so wirkt, als habe da eine ganze Marketing-Mannschaft Analyse auf Analyse angefertigt – und schließlich diese beeindruckende Polit-Puppe gebastelt, die sich am kommenden Dienstag vor die Welt und Washington stellen, die Hand über die Bibel heben und zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten ernannt werden wird.

Barack Obama passt so genau in unsere Zeit, er erfüllt so perfekt unsere Wünsche – fast zu perfekt, man kann da schon misstrauisch werden. Hat die CIA ihre Hände im Spiel? Wurde Obama entwickelt im Zuge einer neuartigen Nachvorneverteidigung, um diesem sympathischen Land ein wenig zu helfen im Kampf um die Herzen der Menschen? Und was passiert jetzt eigentlich mit all den antiamerikanischen Verschwörungstheorien, die gerade in Deutschland so beliebt sind? Obama hat es ja mit seinem Pragmatismus schon vor der offiziellen Ernennung geschafft, er hat das Image der USA ganz allein gewandelt, er ist für die Welt fast alles gleichzeitig, Visionär und Realist, Erwecker und Ermahner, Veränderer und Mainstream. Er ist in der Politik das, was im Haushalt der Kippschalter ist: Gestern war böse, heute ist Begeisterung. Barack Obama ist zu gut, um wahr zu sein. Er vereinigt in seiner Person all das, was dem links-hedonistischen, aufgeklärten Weltbürgertum am Anfang des 21. Jahrhunderts wichtig ist. Obama ist gebildet, ohne einzuschüchtern. Er ist sozial engagiert, ohne zu nerven. Er ist links ohne Klassenkampf. Er ist gläubig, aber nicht fanatisch. Er ist erotisch, aber nicht auf eine sexuell bedrohliche Art. Er hat Drogen genommen, aber nicht zu viele und auch nicht zu harte. Er hat den durchtrainierten Waschbrettbauch eines Sportlers, schreibt aber nachdenkliche Bücher über seinen Vater.

Er hat eine selbstbewusste moderne Frau, ist also ein selbstbewusster moderner Mann. Er ist schwarz, aber nicht zu sehr – gewählt wurde Obama nicht obwohl, sondern weil er schwarz ist. Er ist der erste post-weiße Präsident eines post-weißen Amerikas, so hat das gerade die Zeitschrift The Atlantic formuliert. Er verkörpert die Ideale seiner Zeit, Erziehung, Mobilität, Fitness, Empathie, Selbstbewusstsein, Normalität. Barack Obama ist der erste Hybrid-Politiker in diesem Hybrid-Jahrhundert.

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Er ist sogar dem Sumpf der korrupten Politik von Chicago entstiegen, anscheinend ohne dass ein Flecken Schmutz an ihm haften geblieben ist. Es heißt, er habe eigens den Chicago-Slang gelernt, gleich nachdem er in die Stadt gezogen war. An Anpassungsfähigkeit und Geschick ist dieser Mann kaum zu übertreffen. Aber es ist eine andere Qualität, die letztlich dafür gesorgt hat, dass sich erst die Welt und dann Amerika in ihn verliebt hat, und das hat dann doch wieder mit einer Art zivilreligiösem Messianismus zu tun, der ein paar kühle Beobachter wie die Schriftstellerin Joan Didion kritisch gemacht hat: Barack Obama ist ein Mann der Kinder.

Wenn er im Fernsehen auftritt, dann reißen selbst Zweijährige die Arme in die Höhe, rufen »Obama, hey hey!« und drehen sich zu den Eltern um und strahlen, weil sie alles richtig gemacht haben. Wie er das schafft, ist sein Geheimnis, es ist das Geheimnis jedes charismatischen Polit-Helden mit Superman-Status: Barack Obama ist der Kindertraum einer ernüchterten Welt. Wenn er bloß nicht doch nur erfunden ist.