Fleischgeil

Wir sind und bleiben Fleischfresser - trotz aller Brutalität im Umgang mit dem lieben Vieh. Ist das menschlich oder einfach dumm?

Es ist eine Sprache der Sinnlichkeit. Chateaubriand, Entrecôte double, Filet Mignon. Well done, medium, rare. Von beiden Seiten stark anbraten, damit sich die Poren schließen und eine zarte Kruste entsteht. Oder grillen, jetzt im Sommer, wie das riecht, wie das schmeckt!

Und es ist eine Sprache der Brutalität. Entschnabelt, enthornt, entschwanzt. Massentierhaltung, Gammelfleisch, BSE. Vieh mit Medikamenten vollpumpen, zusammenpferchen und mästen, töten, zerstückeln, verpacken.

Jeder weiß, was mit den Tieren geschieht, und doch wird Fleisch in Massen gegessen. In diesem Monat ist die dritte Ausgabe des Magazins Beef erschienen, Untertitel: »Für Männer mit Geschmack«. In Beef gibt es Fotos, auf denen Fleisch nicht bloß appetitlich, sondern verführerisch, ja wunderschön aussieht. Das Magazin wird gekauft, weil viele Männer Fleisch nicht nur essen; sie lieben Fleisch. Und diese Männer sind nicht alle dumm, simpel und töricht, oder?

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Aber wie kann irgendjemand – Mann oder Frau – Fleisch mit Genuss essen, wenn er weiß, welche Industrie dahintersteht? Wenn er weiß, dass Viehzucht für 51 Prozent der klimaerwärmenden Gase verantwortlich ist und dass ein direkter Zusammenhang besteht zwischen Fleischkonsum und Krebs, Herzkrankheiten oder Diabetes? Das ist allgemein bekannt. Es weiß ja auch jeder, dass manche Tiere in den Ställen in ihrer Scheiße stehen – und weil sie fühlende Wesen sind, sterben sie in den Schlachthöfen voller Angst.

In dieser Woche ist in Deutschland ein Sachbuch des amerikanischen Autors Jonathan Safran Foer erschienen, es heißt Tiere essen. Foer sagt, niemand spreche über das Thema, obwohl es so ein zentraler Punkt in unserem Leben sei.

Das stimmt nicht. Besonders in Deutschland wird fortwährend über das Thema Fleisch gesprochen und geschrieben, auch hier im SZ-Magazin schrieb kürzlich ein Kollege, wie er allmählich zum Vegetarier wird; die Wochenzeitung Die Zeit fordert: »Lasst das« (Fleischessen). Doch diese mit Verve geschriebenen Texte, in denen die Aufklärer, die Fleischgegner, all die guten, all die richtigen Argumente haben, führen nie zu einer Diskussion. Sie führen, seltsamerweise, zu nichts (auch bei mir nicht).

Wer an diesem Wochenende, sollte das Wetter gut sein, Freunde einlädt, ein paar saftige Steaks auf den Grill wirft und darüber fachsimpelt, wie das Fleisch am besten ist, well done, medium oder doch rare, also: blutig – handelt der nun allzu menschlich oder doch ganz einfach dumm?

Foto: dpa