Paulchen Panther könnte keine Autobiografie schreiben. Ebensowenig Wickie, Barbapapa oder Speedy Gonzales. Comic-Figuren haben keine Geschichte; die Wegbegleiter der Kindheit sind leblose Gestalten. Nur eine einzige Comic-Figur der Siebziger- und frühen Achtzigerjahre war aus Fleisch und Blut: Bud Spencer – der Schweiger mit Bart und Bauch, der seine Gegner in surrealen Prügeleien in den Boden stampfte, mit senkrechten Fausthieben oder beidhändigen Ohrfeigen. Seine Filme sind Zeichentrick mit echten Menschen.
Der spektakuläre Erfolg der Autobiografie Bud Spencers ist ein großes Rätsel. Vielleicht lässt er sich auf diese Weise fassen: dass eine ganze Generation von Kinobesuchern die Chance ergreifen will, endlich etwas über die Lebensgeschichte ihres Comic-Helden zu erfahren. Der letzte erfolgreiche Film des Schauspielers lief in Deutschland vor 25 Jahren im Kino. Deshalb erhielt ein kleiner Berliner Verlag die Übersetzungsrechte, zu einem im Nachhinein lächerlichen Preis. Doch das Buch stand sofort auf Platz eins bei Amazon und in den Bestsellerlisten; bei den Signierstunden in Deutschland herrschte kürzlich Ausnahmezustand.
Bud Spencers Memoiren treffen auf die Sehnsucht von Menschen, die ihm und Terence Hill die ersten Kinoerlebnisse verdanken. Fast jeder Deutsche zwischen 35 und fünfzig hat noch die merkwürdig langen Filmtitel parat, Vier Fäuste für ein Halleluja oder Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle – eine Erinnerung, die sich bis heute eher über den Rhythmus der Worte transportiert, weil man ihren Sinn als Kind nicht richtig verstand. Das Versprechen des Buches ist daher groß: Welche Vergangenheit steht hinter Bud Spencer, der in seinen Filmen stets wirkte, als sei er als vollbärtiger Koloss auf die Welt gekommen? Bislang wusste man nur, dass er unter seinem bürgerlichen Namen Carlo Pedersoli ein bekannter Schwimmer gewesen war. Doch die Vorstellung eines bartlosen, muskulösen Mannes in Badehose ging mit der Gestalt Bud Spencers unmöglich zusammen.
Die Autobiografie könnte also vom Übergang einer Sport - zu einer Filmkarriere erzählen, vom langsamen Anwachsen der Leibesfülle, von der ganz realen Vorgeschichte jenes Menschen, der im Jahr 1967 als Bud Spencer die Leinwand betrat. Dass sie das leider nicht tut und nur eine lieblos arrangierte Sammlung von Filmanekdoten und Allerweltsweisheiten abspult, weiß jeder, der das Buch gelesen hat. Doch Hunderttausende von alten Fans werden sich nicht abhalten lassen: Sie alle besorgen sich die Memoiren, in der Hoffnung, eine vertraute Kunstfigur zum Leben erweckt zu sehen.
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