Mit dem Zug zur Piste

Wer zum Wintersport in die Berge reist, hat meist viel Gepäck dabei – und manchmal, wie unser Kolumnist, sogar noch einen Kinderwagen. Schafft man das auch mit der Bahn?

Illustration: Nishant Choksi

Im vergangenen Winter erzählte ich einer Deutschen, die nach Graubünden/Schweiz ausgewandert ist, dass ich recht häufig in den Bergen bin. »Das ist dann wohl vor allem Motorsport«, sagte sie und meinte damit, dass ich sehr viel mit dem Auto unterwegs sein müsse – ich wohne in Frankfurt. Sie war einigermaßen sprachlos, als ich ihr erzählte, dass ich grundsätzlich mit dem Zug zum Skifahren komme.

Mit dieser Art der Anreise wird Wintersport, der oft als umweltschädlich verteufelt wird, plötzlich klimafreundlicher als die meisten anderen Urlaube. Denn 85 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen kommen im Wintersport durch die Anreise mit dem Auto zustande. Jede längere Reise mit dem Auto oder gar Flugzeug schneidet damit schlechter ab als der Skiurlaub mit der Bahn.

Über die Jahre habe ich mein Gepäckmanagement optimiert. Heute reise ich mit einem großen Rollkoffer, in den ich neben der Kleidung meine Skischuhe (fürs Alpinskifahren geeignete Tourenschuhe, die sind leichter) packe. Auf die Koffer-Oberkante kann ich außerdem die Ski-Tasche legen. So muss ich die Ski nicht tragen, sondern kann sie mit rollen. Alleine kam ich mit dieser Kombination super zurecht – allerdings steht jetzt der erste Skiurlaub mit Baby an. Kind, Kinderwagen, Baby-Kleidung. Geht das dann auch noch?

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Wir brauchen den Gepäcktransport der Deutschen Bahn. Das schränkt die Zahl der möglichen Reiseziele schon mal stark ein

Schnell kommen meine Freundin und ich zum Ergebnis, dass wir das nicht schaffen. Wir brauchen den Gepäcktransport der Deutschen Bahn. Das schränkt die Zahl der möglichen Reiseziele schon mal stark ein. Für Südtirol wird der Service nicht angeboten, für die Schweiz wurde er zum Jahreswechsel eingestellt (laut Bahn, weil er so wenig nachgefragt wurde, dass er wirtschaftlich nicht mehr zu betreiben war). Als wir uns entscheiden, haben die deutschen Skigebiete kaum Schnee. Also Österreich. Unsere Wahl fällt auf Schruns in Vorarlberg, weil es nicht sehr weit entfernt und gut per Bahn zu erreichen ist (und schöne Ski- und Tourenmöglichkeiten hat).

Eigentlich will ich vor allem mein Skigepäck vorschicken. Dann die Enttäuschung. Für Samstag haben wir die Ferienwohnung gebucht, am Montag zuvor brauche ich meine Ausrüstung noch – und obwohl Schruns nur 80 Kilometer hinter der Grenze liegt und es für Ziele in Deutschland sogar einen Übernacht-Service gibt, braucht der Gepäcktransport nach Österreich vier Tage. Samstags gibt es keine Zustellung. Ich muss mein Skigepäck also selbst tragen. So bestellen wir den Gepäckservice für einen Koffer mit anderen Sachen, was für einen Weg 29,90 Euro kostet; innerhalb Deutschlands wären es 17,90 Euro. Überraschung: Der Paketversender Hermes übernimmt den Transport. Leider können wir aber den Koffer trotzdem nicht bei einem Hermes-Paketshop in unserer Straße abgeben, sondern er wird zuhause abgeholt. Das klingt bequem, heißt aber auch, dass jemand den gesamten Tag daheim sein muss, denn abgeholt wird er zwischen 8 bis 18 Uhr. Zum Glück gibt es gegen vier Euro Aufpreis eine Abholung in einem dreistündigen Zeitfenster. So klappt es – und als ich einen Tag vor dem Urlaub bei der Vermieterin unserer Ferienwohnung anrufe, ist der Koffer tatsächlich angekommen.

Am Ende kostet die Reise hin und zurück allerdings für unsere kleine Familie 475 Euro. Denn für den Samstag, an dem wir reisen wollen, gab es auch sechs Wochen vor Abfahrt keine Sparpreistickets mehr.

Es geht aber auch billiger. Im Zug sitzt neben uns ein Ehepaar um die 60, das schon vor Monaten gebucht hat: Für 50 Euro fahren sie zu zweit von Hannover bis in die Schweiz (Sparpreis Europa) und dann weiter für 25 Euro bis nach Schruns. Die beiden fahren seit 30 Jahren mit der Bahn in den Skiurlaub, früher sogar mit ihren drei Kindern.

Damals war es schwieriger als heute. Denn der nagelneue ICE 4, mit dem wir jetzt unterwegs sind hat, obwohl bis auf den letzten Platz gefüllt, genügend Platz für unser Gepäck; die Ski passen (wie in jedem Zug) gut auf die obere Gepäckablage. Wir sitzen an einem Tisch, unsere Tochter schläft viel und wenn sie wach ist, ist sie gut gelaunt. In Zürich und haben wir 40 Minuten Aufenthalt – ein lockerer Umstieg. Nur der zweite Zugwechsel in Bludenz ist etwas knapp, sechs Minuten. Wir rennen mit Rollkoffern und Kinderwagen. Aber der Zug wartet – und der Urlaub kann beginnen.