Der Tod der Badewanne steht unmittelbar bevor. Ihr Mörder? Das wasserdichte Smartphone. Sony hat schon lange eins, Samsung seit Kurzem, Apple soll daran arbeiten. Aber so lange es noch wasserempfindliche Handys gibt, ist die Badewanne der letzte Rückzugsort im Leben eines Großstadtbewohners. In einem Alltag mit dauerbereitem WLAN-Empfang, in dem man sich ungeniert sonntagmorgens dienstliche Mails schreibt, bleibt nur noch die Wasserbarriere, um aus Angst vor einem hineinplumpsenden Telefon wirklich mal internetfrei zu haben.
Jene rund dreißig Minuten, bis die 120 Liter Warmwasser in der Wanne zu sehr abgekühlt sind. Nur eine kurze Auszeit also, aber eine wertvolle. Manchmal gesteigert durch ein Untertauchen des Hinterkopfes bis zur Augen- und Nasengrenze, was ein lustiges Ohrenrauschen unter Wasser ergibt, das beruhigend an Walgesang erinnert. Wer regelmäßig nacherhitzt, mit dem großen Zeh am Hahn drehend, schafft bis zur völligen Verschrumpelung sogar zwei Stunden. Länger ist die Ruheposition mit angewinkelten oder über den Wannenrand hängenden Beinen nicht durchzuhalten.
Wobei gerade die Enge der Standardbadewanne zum Erlebnis gehört, weil sie einem ein Gefühl von Geborgenheit und Schutz gibt, das sich in einem breiteren Jacuzzi nie einstellt. Die kleinere Badewanne ist im Gegensatz zum Whirlpool frei von jeder sexuellen Aura – spätestens nachdem man es als Teenager mal zu zweit dort drin versucht und genervt abgebrochen hat. Die Wanne gehört einem allein, es ist das kleinste Königreich der Welt.
Produktauswahl: Simona Heuberger und Nadja Tadjali; Fotos: Lisa Cohen, Inter IKEA Systems B.V. (2)