Mobilfunkantennen und Gesundheitsgefahren sind ein heiß umstrittenes Thema. Glücklicherweise lässt sich Ihre Frage ganz unabhängig davon beantworten, ob und wie dieser Streit je entschieden wird. Für die moralischen Überlegungen reicht aus, dass es eine Diskussion gibt und dass Ihnen Bedenken bekannt sind. Das Fehlen einer endgültigen Klärung zeigt im Gegenteil sogar den Weg zur Lösung auf. Man muss sich nämlich eine Meinung bilden und dies führt automatisch zur entscheidenden Frage: Wer soll das tun?Denken Sie doch einmal die beiden Alternativen durch: Sie vermuten, dass Ihre Freundin nichts über die Gefahren weiß oder sie falsch einschätzt. Wenn Sie sie darauf hinweisen, kann es sein, dass deren Freude an der neuen Wohnung getrübt ist. Sie kann sich aber auch Konsequenzen überlegen – mit der Antenne leben, die Zimmernutzung ändern oder ausziehen. Sagen Sie nichts, bewahren Sie Ihrer Freundin zwar die sprichwörtliche Verbindung von trautem Heim und Glück allein, entmündigen sie aber zugleich: Sie enthalten ihr die Möglichkeit vor zu entscheiden, ob und wie sie reagieren will. Durch Ihr Schweigen befinden Sie, dass Ihre Freundin besser unwissend glücklich sein sollte. Umso unverständlicher wenn man, wie Sie, von der Gefährlichkeit der Antennen überzeugt ist.Wohlgemerkt: Es geht darum, Ihrer Freundin mehr Entscheidungsfreiheit zu ermöglichen, nicht sie zu bevormunden. Das sollte auch in den Formulierungen zum Ausdruck kommen. »Ihr müsst sofort raus aus der Wohnung, sonst seid ihr alle des Todes!«, mag zwar recht wirkungsvoll sein – verdirbt aber sofort die Freude. Zur Information – und nur um die geht es – reicht ein wesentlich rücksichtsvolleres »Kennt ihr die Diskussion um die Mobilfunkgefahren?« völlig aus.
Die Gewissensfrage
»Eine gute Freundin hat mit ihrem Mann und zwei Kindern nach langer, intensiver Suche und mühevollster Renovierung ihre Traumwohnung bezogen. Die Begeisterung teilte ich, bis ich ins Kinderzimmer kam: Eine riesige Mobilfunksendeanlage auf dem Nachbarhaus strahlt aus zirka zehn Meter Entfernung direkt ins Zimmer. Nun ist ja inzwischen allgemein bekannt, dass solche Anlagen in einer derartigen Nähe eine Gefahr für die Gesundheit bedeuten – zumal für Kinder. Eigentlich würde ich meine Freundin gern warnen, möchte ihr aber andererseits die Freude am neuen Heim nicht verderben. Was soll ich tun?« HELGA E. , MÜNCHEN