Natürlich gibt es bei Ihrer Frage die üblichen Abwägungen: Ist man wirklich arbeitsunfähig? Was muss man zugunsten der Kollegen auf sich nehmen? Wäre es nicht effektiver, sich möglichst schnell auszukurieren? Geht nicht mehr Arbeitskraft verloren, wenn man vielleicht Kollegen ansteckt? Hier aber steht eine andere Überlegung ganz im Vordergrund: Wem sind Sie mehr verpflichtet? Ihren Kolleginnen oder den betreuten Kindern? Die Präferenz dürfte klar sein und damit auch die Antwort: Solange eine relevante Ansteckungsgefahr von Ihnen ausgeht, haben Sie bei den Kleinen nichts verloren. Sonst stellen Sie kollegiale Solidarität über die Gesundheit der Kinder.
Die Gewissensfrage
»Ich arbeite seit kurzem in einem kleinen Team, das zirka 80 Kinder betreut. Meine Kolleginnen haben in den letzten Jahren nie gefehlt, auch wenn sie eigentlich krank waren. Letzte Nacht hatte ich eine Magen-Darm-Grippe. Ich fühle mich immer noch nicht gut, könnte aber eingeschränkt arbeiten. Was ist moralisch besser: Melde ich mich krank, wirft mir der Kollegenkreis mangelnde Solidarität vor; gehe ich zur Arbeit, setze ich sowohl die Kinder als auch die Kolleginnen dem Ansteckungsrisiko aus.« STEFANIE E., MÜNCHEN