In dem Asterix-Band Das Geschenk Cäsars gelangt der Gastwirt Orthopädix an eine Urkunde mit dem Siegel Julius Cäsars, die ihn als Eigentümer des unbeugsamen gallischen Dorfes ausweist. Dessen Bewohner und ihr Häuptling Majestix erkennen das Dokument natürlich nicht an. Die beiden Frauen von Majestix und Orthopädix, Gutemine und Gelatine, treffen also in herzlicher gegenseitiger Abneigung aufeinander. Auf dem entsprechenden Bild stehen sich die Damen im Profil mit gereckter Brust, erhobenen Nasen und schlitzartigen Augen gegenüber. An den Sprechblasen mit dem identischen Inhalt »Angenehm, Madame« hängen Eiszapfen, und der Zeichner Uderzo lässt zudem Schnee herabrieseln. Ich halte dieses Bild nicht nur für ungemein treffend und urkomisch, sondern das dargestellte Verhalten auch für richtig; obwohl verächtliches Grüßen eigentlich einen Widerspruch in sich darstellt. Aus Sicht der Verhaltensforschung dient der Gruß nämlich neben der Kontaktaufnahme auch der Aggressionsabwendung, Beschwichtigung und dem Erhalt einer Bindung. All das wollen weder die beiden Gallierinnen untereinander noch Sie gegenüber dem betrügerischen Nachbarn ausdrücken. Dennoch, ich finde, dass eine Grußverweigerung etwas ausgesprochen Kindisches, Trotziges an sich hat. Meiner Ansicht nach gehört der Gruß zum Minimum eines zivilisierten Umgangs zwischen Menschen, mögen sich diese auch noch so sehr verachten. Sie brauchen nicht freundlich zu dem Betrüger sein, im Gegenteil, das wäre sogar unehrlich. Sie können ihm auch sachlich sagen, was Sie von ihm und seinen Gaunereien halten. Kurz und distanziert grüßen sollten Sie ihn trotzdem. Wie man das macht, ohne sich zu verbiegen, kann man – wie so vieles – bei Asterix lernen.
Die Gewissensfrage
»Ich bemühe mich um gute Nachbarschaft. Aber der Mann, der mir gegenüber wohnt, hat vier mir bekannte Familien um jeweils mehrere zehntausend Euro betrogen, und zwar so, dass die Familien keine Chance haben, an ihr Geld zu kommen. Denn er hat eine ›eidesstattliche Versicherung‹ abgelegt. Trotzdem fährt er teure Autos, kleidet sich sehr gut und geht regelmäßig zur Arbeit. Ich vermeide, ihn zu grüßen, aber manchmal geht es nicht anders, und dann schäme ich mich in Grund und Boden. Wäre es besser, wenn ich ihm meine Verachtung ins Gesicht sagen würde?« BRIGITTE D., MÜNCHEN