Von der CO2-Bilanz des Menschen ist derzeit ziemlich viel die Rede. Jeder hinterlässt einen Carbon Footprint, einen CO2-Fußabdruck auf der Erde, die für all die großen Abdrücke eigentlich viel zu klein ist. Würden alle Menschen so leben wie wir in Deutschland, bräuchten wir mindestens drei davon. Nachgerade eine grausige Vorstellung, der Spur der Klimaverwüstung, die man zu Lebzeiten gesetzt hat, nach dem Tod noch ein paar kleine Tapser hinzuzufügen. Vor dem Hintergrund der Klimakatastrophe bekommt der Ausspruch »Nach mir die Sintflut!« hier eine neue, fast schon makabre Bedeutung.
In der Tat belastet eine Kremation, so der Fachausdruck, die Erdatmosphäre mit 50 Kilo CO2 mehr als eine Erdbestattung, und manche Fachleute empfehlen als klimafreundlichste Variante, sich in einem Pappsarg unter einem Baum begraben zu lassen. Der wächst dann mit den Nährstoffen aus dem Körper und bindet so Kohlendioxid. Traditionalisten mag das als eine Mischung aus kaltem Fegefeuer und Öko-Terror-Hölle erscheinen, ich persönlich finde die Vorstellung sogar ganz poetisch. Aber auch nüchtern betrachtet, scheint mir wenig dagegen zu sprechen. Wer an ein Leben nach dem Tode glaubt, dessen Seele hat ab da hoffentlich Besseres zu tun, als sich um solch irdische Dinge zu kümmern, und wer in diesem Punkt anders denkt, nun ja, den sollte sein postmortales Schicksal eher kaltlassen. Dennoch halte ich persönliche Wünsche an dieser Stelle für legitim und, wenn man sich gern verbrennen lassen möchte, Klimasorgen für unnötig: 50 Kilo CO2 sind, auf ein Menschenleben bezogen, nahezu vernachlässigenswert. So viel produziert der Durchschnittsdeutsche an eineinhalb Tagen, und wenn auch nur ein einziger Trauergast aus Stuttgart mit dem Auto anreist, bläst er auf der Fahrt mehr an Abgasen in die Luft. Dennoch fordert niemand, dass man aus Klimagründen früher stirbt und sich ohne Trauernde begraben lässt.
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Illustration: Marc Herold