»No man is an island – Niemand ist eine Insel.« Populär wurde dieser Satz durch die Verfilmung von Nick Hornbys Roman About a Boy. Will Freeman, gespielt von Hugh Grant, widerspricht dort und betont, dass er sehr wohl eine Insel sei, nämlich Ibiza. Die Sentenz stammt vom englischen Renaissancedichter John Donne, der es schaffte, in demselben Absatz seiner Meditation XVII aus dem Jahr 1624 noch eine zweite Wendung für die Nachwelt zu prägen: »For whom the bell tolls – Wem die Stunde schlägt«.
Inhaltlich beschreibt das Bild von der Insel, dass man – ob man will oder nicht – mit seinen Mitmenschen in einer sozialen Beziehung steht. So auch Sie mit Ihren Kollegen. Damit kann man sein Handeln nicht mehr losgelöst von den anderen und auch von deren Vorstellungen betrachten, ohne dem allerdings völlig ausgeliefert zu sein. Was bedeutet das hier? Ein Geschenk zur Hochzeit stellt keinen unzulässigen Übergriff ins Privatleben dar, sondern hält sich im sozialen Rahmen. Dass Ihre Kollegen es Ihnen nicht mit der Hauspost schicken, sondern überreichen wollen, scheint auch verständlich. Damit aber wären Sie, da Sie keine Insel sind, in der Pflicht, auf die Anteilnahme zu reagieren. Nicht zwangsweise mit einer Feier, aber vielleicht mit einer wie auch immer gearteten Form von Miteinander – und seien es ein paar Salzstangen oder eine Flasche billigen Proseccos.
Allerdings geht mir das am Ende doch zu weit. Es mag psychologisch oder soziologisch unklug sein, sich derart zu isolieren, schließlich verbringt man mit seinen Kollegen meist mehr Zeit als mit der eigenen Familie. Aber eine echte moralische Pflicht will ich an dieser Stelle einfach nicht formulieren, dazu schätze ich die Freiheit des Einzelnen zu sehr. Ja, es wäre nett, auf die Erwartungen Ihrer Kollegen zu reagieren, aber ein Geschenk sollte den Beschenkten bereichern, nicht verpflichten. Außer zu einem »Danke«.
Illustration: Marc Herold