Vielen Dank für Ihre Frage. Schon länger warte ich auf ein Thema dieser Art. Denn neben den eher seltenen Esswettbewerben gibt es eine ganze
Sparte von XXL-Gaststätten, spezialisiert auf Portionen, so groß, dass man sie kaum oder nicht mehr bewältigt; dazu spezielle Webseiten und Fernsehsendungen. Bei Fleisch wird das richtig problematisch: Tiere zu schlachten, um sich von ihnen zu ernähren, ist eine Sache, sich an ihnen zum Spaß zu überfressen oder planmäßig Reste wegzuwerfen eine andere. Darin liegt eine Missachtung der Kreaturen. Das gilt doppelt, wenn
diese dabei, wie in Ihrer Frage, zum bloßen Objekt eines Wettbewerbs werden. Aber selbst wenn es nur um Kuchen ginge, fände ich das nicht viel besser. Denn allem gemein ist ein zentraler Punkt: die Befriedigung von Gier, Fressgier oder Schnäppchengier, Hauptsache, man bekommt viel und noch mehr, egal, ob man es vertilgen kann. In Hungerzeiten war die Märchenfantasie eines Schlaraffenlandes verständlich, heute ist sie schlicht unanständig. Ein Mensch darf selbst entscheiden, ob er sich durch Völlerei schädigen will, wenn auch die daraus erwachsenden Krankheiten das Gesundheitssystem belasten. Dennoch ruft dieser Umgang mit Essen bei mir diverse Bedenken hervor, das XXL-Geschäftsmodell finde ich allein schon aus wirtschafts-, medien- und erziehungsethischen Gründen problematisch; angesichts hungernder Menschen kommen noch gerechtigkeitsethische Aspekte dazu, so es sich um Fleisch handelt auch tierethische und insge-samt ökologieethische. Damit will ich keinesfalls calvinistische Enthaltsamkeit predigen. Im Gegenteil, ich bin ein Freund bacchanalischer Exzesse. Wer auch immer etwas genießt, soll sich dem so hingeben, wie er will. Nur steht in Ihrem Beispiel der Genuss im Hintergrund. Es geht vor allem darum, sich so viel wie möglich einzuverleiben. Da sollte das Gewissen vor dem Magen Stopp sagen.
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Marc Herold (Illustration)