Woran erkenne ich, ob die Gans artgerecht gehalten wurde?

Gestopft oder lebend gerupft – immer wieder hört man Schlimmes über Gänsehaltung. Eine Expertin erklärt, worauf man beim Kauf achten kann.

Illustration: Ryan Gillet

Sabine Holzäpfel ist Referentin der Abteilung Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e. V.:

»Es gibt vier Haltungsformen für Geflügel, die seitens der EU gesetzlich geregelt sind: die extensive Bodenhaltung – das ist die niedrigste Stufe –, dann kommt die Freilandhaltung, die bäuerliche Freilandhaltung und anschließend die bäuerliche Freilandhaltung mit unbegrenztem Auslauf. Unter diesen Begriffen ist festgehalten, wie viele Tiere gehalten werden dürfen, wie viel Platz im Stall und wie viel Auslauf sie bekommen und ab welchem Alter sie geschlachtet werden dürfen.

Dann wird noch unterschieden zwischen einer Bio-Gans und einer konventionellen. Im Vergleich: Bio-Gänse dürfen pro Quadratmeter Stall zusammen maximal 21 Kilogramm wiegen und pro Tier muss ein Auslauf von 15 Quadratmetern zur Verfügung stehen. Gänse aus bäuerlicher Freilandhaltung etwa dürfen pro Quadratmeter Stall zusammen maximal 30 Kilogramm wiegen und erhalten zehn Quadratmeter Auslauf. Bei der Bio-Gans wird natürlich darauf geachtet, dass das Futter aus ökologischer Erzeugung stammt. Die Bio-Gänse müssen einen Zugang zu Gewässer, zum Beispiel zu einem Bach oder einem Wasserbecken haben. Ist das witterungsbedingt nicht möglich, müssen sie immerhin Zugang zu Wasser haben, in das sie ihren Kopf eintauchen können. Das ist sehr wichtig für die Tiere, um ihr Gefieder zu reinigen. Daher gibt es auch für konventionelle Gänse europaweit die Empfehlung, ihnen dafür Wasser zur Verfügung zu stellen. Sie ist nicht bindend, wird aber in Deutschland großflächig umgesetzt.

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Die meisten Gänse kommen jedoch nicht aus Deutschland, sondern aus Ungarn und Polen. In Deutschland ist es verboten, Geflügel zu stopfen oder es lebend zu rupfen, in anderen EU-Ländern nicht. Die Stopf- oder Fettleber entsteht durch das sogenannte Nudeln oder Stopfen, indem das Futter per Zwangsernährung verabreicht wird. Für die Tiere bedeutet das Stress, Schmerzen und Verletzungen. Das Gleiche gilt für das Lebendrupfen, bei dem den lebenden Tieren Federn und Daunen entfernt werden. Wer sich eine Gans kauft, die nicht aus Deutschland, sondern aus Polen oder Ungarn stammt, muss damit rechnen, dass sie lebendig gerupft und in Ungarn auch gestopft wurde. Es gibt eine europäische Empfehlung gegen das Lebendrupfen, aber sie ist eben nicht bindend. Bei Bio-Gänsen, egal ob sie aus Deutschland oder dem EU-Ausland kommen, ist es verboten, sie lebend zu rupfen oder zu stopfen.

Das Problem für Verbraucherinnen und Verbraucher ist: Selbst wer bereit ist, mehr Geld für ökologisch erzeugte Produkte oder Gänsefleisch aus Deutschland zu bezahlen, findet im Supermarkt kein Angebot dazu. So bleibt noch die Möglichkeit, nach Direkterzeugern in der Nähe zu suchen, denen man einen Besuch abstatten kann. Durch Nachfragen kann man einen genaueren Einblick zur Haltungsform erhalten. Und vor Ort kann man sich womöglich selbst davon überzeugen, wie die Tiere gehalten werden und wie es ihnen geht.«