Ist es sinnvoll, Obst und Gemüse mit Natron zu waschen?

Auf Instagram kursiert der Trend, Obst und Gemüse in einem Wasser-Natron-Bad zu waschen, bevor man es weiterverarbeitet. Sinnvoll oder Quatsch? Eine Expertin klärt auf. 

Illustration: Ryan Gillet

Jutta Löbert ist unter anderem Diplom-Oecotrophologin, staatlich geprüfte Hauswirtschafterin und Ernährungsexpertin für den Bayerischen Rundfunk:

»Natron hat schon einen Effekt, aber es gilt auch, abzuwägen: Durch das Einweichen im Wasser gehen wasserlösliche Bestandteile verloren, zum Beispiel Vitamine und Mineralien. Außerdem ist das Obst und Gemüse danach nicht mehr so lange haltbar, weil sich durch das Einweichen im Wasser die Schutzschicht löst. Wenn man Aufwand und Nutzen aufrechnet, bringt es zu wenig, Obst und Gemüse mit Natron zu waschen.

Wäscht man Obst und Gemüse gründlich mit Wasser, löst sich etwa die Hälfte der Belastungen. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Natron noch mehr Rückstände löst. Dafür ist es nötig, einen Esslöffel Natron in einem Liter Wasser zu lösen und das Obst und Gemüse 15 Minuten in dem Wasserbad zu lassen. In einer Studie der University of Massachusetts konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei einem Versuch mit Äpfeln zum Beispiel feststellen, dass Natron 80 Prozent des Konservierungsmittels Thiabendazol und 96 Prozent des Breitbandinsektizids Phosmet lösen konnte. Beide Pflanzenschutzmittel wirken gegen Pilze und Sporen. Sie sind in Europa aber seit 2022 ohnehin verboten.

Meistgelesen diese Woche:

Aber es wird nie möglich sein, Lebensmittel zu 100 Prozent frei von Schadstoffen und Keimen zu bekommen. Beim Waschen werden auch nur die oberflächlich anhaftenden größtenteils entfernt. Ein geringer Teil davon gelangt auch immer in und unter die Schale. Es empfiehlt sich auch nicht, die Schale einfach zu entfernen. Dadurch geht zum Beispiel ein Teil wichtiger Nährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe oder sekundäre Pflanzenstoffe verloren. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung sind Pflanzenschutzmittel auf Lebensmitteln in der EU gesundheitlich sowieso unbedenklich, wenn der Kontakt mit der Substanz nicht über den errechneten Grenzwerten liegt. Das ist in der Regel der Fall. Und Gemüse wird häufig ja auch weiterverarbeitet – gekocht oder gegart. Die meisten Keime werden bei Temperauren zwischen 70 und 100 Grad abgetötet.

Letztendlich ist zu sagen: Wer regionales und saisonales Obst und Gemüse kauft, der hat zwar immer noch geringere Belastungen durch Pflanzenschutzmittel und andere Chemikalien. Aber Transportwege sind kürzer und das Obst und Gemüse kann optimal ausreifen. Bei längeren Wegen kommen zusätzliche Chemikalien zum Einsatz, die dafür sorgen, dass Obst und Gemüse den Transport und die Lagerung gut überstehen. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln lassen sich bei regionaler Bio-Ware besser vermeiden. Auch im Bio-Bereich werden Pflanzenschutzmittel eingesetzt, aber keine chemisch-synthetischen.«