Warum essen wir zu Weihnachten Spekulatius?

Die Plätzchen mit den Motiven im Teig sucht man im Sommer vergebens im Supermarkt – warum eigentlich? Ein Fachmann spekuliert nicht, sondern weiß es.

Illustration: Ryan Gillet

Martin Heinen ist Pressesprecher der Lambertz-Gruppe. Die Aachener Printen- und Schokoladenfabrik gilt als Weltmarktführer bei Herbst- und Weihnachtsgebäck:

»Spekulatius gehört zu den beliebtesten Herbst- und Weihnachtsgebäcken in Deutschland. 40 Prozent entfallen auf Lebkuchen- und Printenprodukte, aber 20 Prozent, also jedes fünfte Gebäck ist ein Spekulatius. Vieles spricht dafür, dass der Spekulatius aus dem niederländischen oder dem belgischen Raum kommt. Möglicherweise auch aus dem Ostfriesischen, von wo aus er dann nach Westfalen gekommen ist. Jedenfalls gibt es hier im Westen Deutschlands besonders viele Spekulatius und Spekulatiusprodukte, zum Beispiel Aufstriche. Interessant finde ich auch, dass in Indonesien, einer ehemaligen niederländischen Kolonie, Spekulatius ganzjährig gegessen wird.

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Dass wir Spekulatius besonders gerne in der Weihnachtszeit essen, haben wir vermutlich aus den Niederlanden übernommen, dort ist er vor allen Dingen ein Geschenk für die Kinder zum Nikolaustag. Typisch sind die verschiedenen Motive auf den Plätzchen, darunter Nikolaus, Schiffe oder Pferde. Man kann die ganze Nikolaus-Geschichte mit Spekulatius erzählen. Die Motive kommen mit geschnitzten Holzformen, auch Modeln genannt, in die Plätzchen. Besonders bekannt ist auch die typische niederländische Windmühle.

Ebenfalls nicht ganz klar ist die Namensherkunft, es gibt im Ostfriesischen das Wort »spekelatie« und im Niederländischen »spekulatie«, was wiederum auf das lateinische Wort »speculum« »Spiegel« zurückzuführen ist. Das könnte sich auf das Abbild beziehen, so wie es auf dem Spekulatius zu finden ist. Eine andere Erklärung ist, dass der Keks von lateinisch »speculator« abgeleitet ist, speculator war immer der Beiname des Nikolauses und des Bischofs. Spekulatius hat den Vorteil, dass er einen geringen Wasseranteil hat und sich dadurch sehr lange hält. Das spielte früher eine große Rolle im Winter. Und man kann ihn sehr gut stapeln, weshalb man ihn während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert in Dosen verschicken konnte.«