Müssen wir künstlicher Intelligenz gegenüber höflich sein?

Ein Leser wundert sich über den Befehlston, den sein Freund gegenüber dem intelligenten Lautsprecher Alexa anschlägt. Unsere Kolumnistin sieht in diesem Fall aber ein ganz klares Machtgefälle zwischen Mensch und Maschine.

»Mein Freund ist ein eifriger Nutzer von ›Alexa‹. ›Alexa, schalte das Licht an!‹,›Alexa, spiel mir was von den Rolling Stones!‹,›Alexa … !!‹. Was mich wundert, ist der Befehlston, den ich sonst von ihm nicht kenne. Künstliche Intelligenz mit Spracherkennung wird einen immer größeren Raum einnehmen. Sollten wir ihr gegenüber doch einen gewissen respektvollen Ton anschlagen?« Bodo K., per E-Mail

Sie müssten mal hören, wie ich klinge, wenn ich mit einer dieser automatischen Ansagen meiner Bank telefoniere, die einem echten Menschen vorgeschaltet werden, um den Anrufer vorab schon mal klein und demütig zu machen, indem man ihn zunächst zwingt, vorgegebene Wörter laut zu wiederholen, damit er überhaupt vorgelassen wird mit seinem Anliegen, das ja vermutlich kein Lob sein wird. Ich würde mir dermaßen blöd vorkommen, da normal ernst Ja oder Nein zu sagen, oder auch, Verblödungsstufe II, »Kunde« oder »Service«, dass ich eine Art Schauspielübung daraus mache. Mal bringe ich meine gewählte Antwortmöglichkeit mit tränen­erstickter Stimme vor, mal nachdenklich oder mit russischem Akzent, manchmal weiche ich auch vom vorgeschriebenen Text ab und werde ausfällig, okay, oft.

Ich möchte Ihnen aber sagen, dass Ihre Frage mich rührt. Es spricht für Ihre Sensibilität, was Machtverhältnisse angeht, Ihre Höflichkeit und Ihr Taktgefühl, dass es Sie beschäftigt, wie Ihr Freund mit Alexa­ umspringt. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass es sich bei Alexa nicht um ein Angestelltenverhältnis handelt wie anno dazumal, sondern das Machtverhältnis verläuft umgekehrt: Alexa wurde dafür programmiert, Ihren Freund – und möglichst uns alle – zu sinnlosem Konsum zu verführen, mit ihr (»ihr«, wie reizend) wurde sozusagen ein neuer Gang im Turbo­kapitalismus eingelegt. Kleinkinder finden das bereits super, noch ein, zwei Jahre, und gängige Haustiere werden in der Lage sein, eigenständig Eine kleine Nachtmusik spielende Hunde-Schlafkissen zu bestellen oder nach Thunfisch-Ceviche schmeckende Katzendrops.

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Meine Meinung? Wer freundlich mit ­leblosen Konsum-Tools spricht, hat die Kontrolle über sein Leben verloren. Halt, streichen Sie »freundlich«, so stimmt’s.