»Immer wieder fassen fremde Menschen (immer Frauen ab sechzig) mein fast einjähriges Kind an: an den Händen streicheln, ins Gesicht fassen, in den Bauch kneifen. Ich finde das absolut abscheulich! Mir wäre nach Zurückkneifen, aber dazu bin ich nicht mutig genug. Ich habe das Gefühl, mein Kind vor den Übergriffen der Fremden nicht zu beschützen und eine schlechte Mutter zu sein.« Heide J., Münster
Es ist immer schwer, Eltern irgendetwas zu raten, da ja alle ihre ganz eigenen Vorstellungen davon haben, was das Beste für ihr Kind ist. Ich habe damit jedenfalls keine guten Erfahrungen gemacht. Und Sie schreiben ja sehr entschieden, wie sich die Sache für Sie anfühlt. Warum also sollte ich mir Ihren Zorn zuziehen, wenn ich Ihnen etwa antworten würde, dass ich noch nie gehört habe, dass es für Babys ungut wäre, gehätschelt oder getätschelt, liebevoll in die ja vielleicht extra dafür so speckige Babybacke gekniffen, gestreichelt oder sonstwie (sanft) angefasst zu werden? Wir wissen es nicht, aber die Vermutung liegt nahe, dass Babys überhaupt nur zu diesem Zweck so niedlich aussehen. Damit man sich mit ihnen beschäftigt. Sie anfasst. Sie auf keinen Fall übersieht oder vergisst. Warum sollte ich Ihnen, die Sie bestimmt nur das Beste für Ihr Kind im Sinn haben, sagen, dass ich finde, Sie sollten sich, falls es irgendwie geht, entspannen, was die Liebe angeht, die Frauen über sechzig Ihrem Baby entgegenbringen? Wenn es wirklich unangenehm für Ihr Kind wäre, könnte es sich schon bemerkbar machen. Babys merkt man doch sofort an, wie sie sich fühlen, sie haben ja noch nicht gelernt, wie man das verbirgt.
Ich möchte Ihnen wirklich, ernsthaft, auf keinen Fall reinreden, es gibt ja auch Schwangere, die es lieben, wenn Menschen ihren Bauch anfassen, und andere, die es hassen. Menschen sind verschieden. Es ist Ihr Kind und Ihr gutes Recht, nicht zu wollen, dass irgendjemand Fremdes es anfasst. Da Sie aber fragen: Ich finde, was den Umgang mit Kindern angeht, kann man sich hierzulande, verallgemeinernd gesprochen, ruhig mal was von anderen Kulturen abschauen. In Italien zum Beispiel würde Ihr Kind, selbst wenn es nur halb so süß wäre, wie es offenbar ist, nicht ungeherzt eine Busfahrt überstehen. Ist doch saunett.