Meine erste Nacht in einem Kurhotel, in Bad Füssing, kurz vor Passau, eher zufällig. Nie zuvor habe ich Wirtsleute mit so vielen Spleens erlebt: für König Ludwig, für Vespas und Traktoren, für Zirbelstuben (die Wirtin hat in Tirol geheiratet), das Thermalbad ist einem italienischen Strandbad nachempfunden, die besten Weine im Keller stammen aus der Pfalz – und das alles auf einem ehemaligen Bauernhof in Niederbayern. 1938 wurde hier nach Öl gebohrt, gefunden wurde Wasser mit dem höchsten Schwefelgehalt in ganz Europa. Besonders gut für Knochen und Gelenke. Bettina Ortners Vater gehört zur zweiten Generation der Kurhoteliers, er hat sich vor einigen Jahren aufs Hausmeisteramt zurückgezogen. Tagsüber schraubt er an den Traktoren und Vespas, abends legt er sich mit Baseballmütze in den Jacuzzi. Zwischen sechs und neun sind die anderen Gäste beim Essen. Nur ihm begegnet man dann noch draußen. Keine Sorge, er quatscht einen nicht an. Er singt nur im Schwefelwasser und bleibt viel zu lange darin: Nach zwanzig Minuten sollte man eine Pause einlegen, sonst bekommt man leicht einen Kollaps, er bleibt zwei Stunden liegen, jeden Abend. Ihm bekommt das gut. Danach Zwiebelsuppe, Kaiserschmarrn und zwei Glas Grauburgunder vom Weingut Anton – ich kann mich nicht erinnern, in den vergangenen Jahren je so tief geschlafen zu haben. Am nächsten Morgen noch zur Massage, keine sanfte balinesische, sondern schön kräftig, niederbayerisch.
Eine warme Stube ist erst eine warme Stube, wenn es draußen ordentlich kalt ist.
Ortner’s Lindenhof
Pockinger Str. 1-5
94072 Bad Füssing
Tel. 08531/279-0
DZ ab 180 Euro inkl. Fango oder Rückenmassage.