»Wir sollten auch über Tabuthemen wie Kernenergie reden«

Wie blicken drei führende Klimaforschende in die Zukunft, jetzt, wo Trump wiedergewählt wurde und das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels immer unwahrscheinlicher wird? Ein Streitgespräch über realistische Wege aus der Klimakrise – von Bitcoin bis besseres Bauen.

Jason Box, Alice Larkin und Hans Joachim Schellnhuber (v.l.n.r.) gehören weltweit zu den führenden Klima-Fachleuten.

Fotos: Alexandre Guirkinger

Am 12. Dezember 2015 wurde in Paris auf der Weltklimakonferenz ein Abkommen verabschiedet, das als wegweisend galt. 197 Staaten einigten sich darauf, den globalen Temperaturanstieg auf möglichst 1,5 Grad zu beschränken. Damals sprachen wir in Paris mit drei führenden Klimaforscherinnen und Klimaforschern über ihre persönlichen Ängste und Hoffnungen nach der Konferenz. Neun Jahre später, in der Woche des Klimagipfels in Baku, der vor allem im Globalen Süden Enttäuschung aus­gelöst hat, sprechen wir wieder mit ihnen. Wir wollen von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wissen, was auf die Welt zukommt, jetzt, wo das Pariser Abkommen als so gut wie gescheitert gilt, Extremwetterereignisse die Schlagzeilen beherrschen und der kommende US-Präsident Donald Trump ein neues Zeitalter des Erdöls ausruft.

Dem Thema angemessen, steigt für das Interview niemand ins Flugzeug. Wir sprechen über Videoschalte und erreichen Alice Larkin in England, wo sie an der Universität von Manchester als Professorin für Klimawissenschaft und Energiepolitik lehrt und forscht. Jason Box klinkt sich aus Kopenhagen ein, wo er als Professor für Glaziologie an der Geologischen Forschungsanstalt für Dänemark und Grönland arbeitet. Hans Joachim Schellnhuber, Gründer des deutschen Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und heute Leiter des Inter­nationalen Instituts für angewandte Systemanalyse, kommt von einer Lesung in Prag, der Zug zurück nach Wien war pünktlich. Er ruft aus seinem Büro an. Die drei kennen sich seit Langem, sie duzen sich.