»Die Frage ist ja nicht, ob ich sexuell bedrängt werde – sondern bloß wann und wo und von wem«

Sexualisierte Gewalt ist tief in unserer Gesellschaft verankert. Dazu tragen auch der TikTok-Algorithmus und rechte Parteien bei, sagt die Sozialarbeiterin und Autorin Agota Lavoyer. Warum Männer sich mehr gegen frauenfeindliche Einstellungen engagieren müssen und wofür sich Friedrich Merz entschuldigen sollte.

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SZ-Magazin: Im Titel Ihres neuen Buches Jede Frau klingt schon an, wie häufig Erfahrungen von sexualisierter Gewalt sind. Studien zufolge werden im deutschsprachigen Raum zwei von drei Frauen regelmäßig verbal sexuell belästigt, jede dritte Frau erfährt demnach im Laufe ihres Lebens körperliche sexualisierte Übergriffe. Das sei kein »bedauernswertes, aber nicht verhinderbares Übel«, schreiben Sie. Wie meinen Sie das?
Agota Lavoyer: Es ist kein Zufall, dass das Ausmaß an sexualisierter Gewalt – also aller möglicher Formen von sexualisierten Grenzüberschreitungen und Übergriffen – so riesig ist. Sie entsteht nicht in einem luftleeren Raum, sondern ist fest verwurzelt in einem komplexen System aus kulturellen Überzeugungen, Kontrolle und Macht. Die sogenannte »Rape Culture«, eine Kultur sexualisierter Gewalt, ist in unserer Gesellschaft verankert: Immer wieder wird sexualisierte Gewalt ignoriert, toleriert oder verharmlost.