Liebe zukünftige Lieblingsfrau,
wie soll ich dich ansprechen? Ich meine, ganz grundsätzlich: Wie spricht ein Mann eine Frau an? Also: Wie spricht man sie erfolgreich an, so dass sie nicht denkt: Oh, bitte nicht. Es ist ja nicht so, dass ihr dauernd irgendwo allein an einem Tresen sitzt und ausstrahlt, ihr wolltet das. Ich weiß nicht, ob du das warst neulich in dieser Bar, mit deiner Freundin, die ich schon ewig kenne. Das war ein schöner Abend. Und ich fand, wir haben uns gut verstanden. Und ich bin zumindest ein bisschen witzig gewesen, wenn auch nicht so witzig wie du. Es ist sehr sexy, wie witzig du bist, wirklich sehr, und ich habe mich ewig nicht so wohl gefühlt in der Gegenwart einer Frau, die ich sexy finde – das muss am Lachen liegen. Das war gut! Aber es gehört zum Wohlfühlen, dass man denkt, der andere würde sich auch wohlfühlen. Und ich weiß es nicht. War das so?
Und falls ja: Was mache ich jetzt? Du hast mir Bilder von dem Abend geschickt, wie wir über den Kiez ziehen, und da sind ein paar wirklich schöne dabei nur von uns zweien. Ich habe geantwortet, wie schön das war, der Abend, und dass wir das ganz bald wiederholen müssen. Seitdem meldest du dich nicht mehr. Wie macht man das jetzt?
Ich könnte nochmal schreiben. Genau genommen könnte ich gar nichts anderes tun, als nochmal zu schreiben, ohne aufdringlich zu sein. Aber wenn du dich nicht meldest, bedeutet das ja sicher was. Hab ich mich so geirrt? Hattest du es nicht so gut wie ich an dem Abend, oder ist es etwa normal für dich, es so gut zu haben? Nichts Besonderes? Ich bin so lange da raus. Das ist das Komische: Ich war mehr als zehn Jahre weg vom Markt. Was weiß ich denn, was ich alles verlernt habe. Oder was sich verändert hat in der Zwischenzeit. Als ich das letzte Mal eine Dating-Phase hatte, gab es noch kein iPhone. Kein Facebook. Kein Tinder. Als ich das letzte Mal mit einer anderen Frau als meiner geschlafen habe, hatten Frauen noch Schamhaar, und es war noch nie eine von ihnen Bundeskanzler. Das ist nicht einfach ein bisschen her, das war eine andere Ära. Als ich mich das letzte Mal hemmungslos verliebt habe, war ich jung. Jetzt bin ich älter, ich sollte mehr Erfahrung haben, aber stattdessen bin ich unsicher, so als hätte ich vor langer Zeit einen Job gelernt und wäre längst von der Technik überholt werden. Natürlich habe ich irgendwie auch mal geflirtet in den vergangenen Jahren, aber eben immer aus der klaren Situation heraus, dass es nichts ist als Flirten. Das merkt man ja, man spürt, wenn da echte, aufregende Gefahr ist. Ich bräuchte eine Fortbildung, die mir sagt, wie man das macht. Und ein Praktikum. Oh, Mann!
Da ist noch ein Gedanke. Wenn ich mich an unseren Abend erinnere – und ich nenne ihn schon unseren Abend, obwohl da über die Stunden sicher acht oder zehn Leute dabei waren, die wir getroffen haben –, dann sehe ich dich lachen. Und mich auch. Als wir aus dem einen Laden rausgegangen sind, hast du dich an meinen Arm gehängt, als wären wir beide zusammen da, und das hat sich gut angefühlt. Ich mag deine Augen. Die kleine Lücke zwischen deinen Schneidezähnen. Und dass du lachst wie ein Bauarbeiter.
Ich schreib dir. Und wenn du nicht antwortest, oder wenn du mich abblitzen lässt – wenn du doch nicht meine zukünftige Lieblingsfrau bist –, dann danke ich dir, weil du mir gezeigt hast, dass es irgendwann eine geben kann. Weil ich zum ersten Mal wieder denke, wie ich denke, wenn ich dich vor meinem inneren Auge lachen sehe. Ich mag, wie ich das mag.
Aber du antwortest doch, oder?
Foto: Stephanie Pfaender