Draußen vor dem Fenster hasten Menschen in Fellstiefeln und Wintermänteln vorbei. In den Tanks der Lastwagen gefriert der Diesel und nun hat uns Putin, der sibirische Eiszar, auch noch den Gashahn zugedreht. Im Erzgebirge fiel das Thermometer bereits auf minus 27,7° Celsius, und auch im Rest des Landes stehen frostige Zeiten bevor. Also drehen wir die Heizung auf, solange das noch geht, und streifen dicke Socken über. Nicht wenige Menschen werden zusätzlich aber auch zu jenem vertrauten Hausmittel greifen, das dort für innere Wärme sorgt, wo kein Strickstrumpf je hingelangt: Schnaps.
In einer Verbraucherumfrage haben zwei große Verlage gerade die zehn Lieblingsspirituosen der Deutschen ermittelt. Das Ergebnis sagt mehr über unser Land aus, als so manche soziologische Doktorarbeit. Der Schnapsstudie zufolge sind wir in der eigenen Tradition verwurzelt, und zugleich offen für fremde Kulturerzeugnisse (solange diese ordentlich reinknallen). Wir sind tolerant, aber ein wenig anspruchslos, was man vor allem daran sieht, dass es ein schlimmes Gesöff wie "Berentzen Apfelkorn" auf Platz 7 der Fusel-Top-Ten geschafft hat. Selbst der "Kleine Feigling" ist vertreten – Trinkkultur, quo vadis? Auf Platz 10 steht, das heimelige Flair der Adenauer-Zeit verbreitend, unser lieber "Asbach Uralt", mit dem schon Opa seine Kriegserinnerungen betäubte. Auch "Kuemmerling" und "Underberg" schmecken nach heimischer Scholle und den bitteren Kampfjahren des Wirtschaftwunders. Ganz anders hingegen der "Ramazzotti", mit dem einst die mediterrane Trinkkultur in unseren Hausbars Einzug erhielt. Überhaupt säuft der Deutsche gerne international: Neben "Ramazzotti" stehen auch "Wodka Gorbatschow" und "Baileys Irish Cream" bei deutschen Trinkern hoch im Kurs. Als Gegenmittel für eisige Zeiten eignet sich schließlich vor allem der "Bacardi-Rum". Während draußen ein grimmiger Wind ums Haus pfeift, trällert man drinnen "Living life the easy way" und denkt an die letzte Pauschalreise in die Dominikanische Republik zurück.
Den Spitzenplatz der Schnaps-Hitparade nimmt jedoch der "Jägermeister" ein. Auch dies ist eine aussagekräftige Wahl: Der Kräuterlikör aus Wolfenbüttel kommt eigentlich aus dem Milieu von Trinkhalle und Vorstadtkneipe, hat es jedoch aufgrund geschickten Marketings und gar nicht so üblen Geschmacks in die Szenebars geschafft. So können sich Onkel Manfred und sein Techno-affiner Neffe bei der Familienfeier mit Jägermeister zuprosten, eingedenk der Tatsache, dass wir Deutschen uns auch beim Schnaps lieber vertragen als streiten.