Wundert sich eigentlich noch jemand, warum ausgerechnet in diesen Tagen (Finanzkrise!) mehr Wähler glauben, der FDP ihre Stimme geben zu müssen? Schon bei der Wahl in Bayern legte die Partei um fünf Prozentpunkte zu, im aktuellen Politbarometer des ZDF wächst sie nun bundesweit von zehn auf zwölf Prozent.
Zur Erinnerung: Die FDP ist die Partei, die noch vor wenigen Jahren darauf drängte, dass der „politische Einfluss im Bankensektor reduziert werden" müsse. „Privat kommt vor Staat", verkündet der Vorsitzende Guido Westerwelle in einer Zeit, in der sogar Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann fordert, Kredithäuser zu verstaatlichen. Immerhin klagte der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler kürzlich, dass „Bankmanager Milliarden verbrennen und keiner fühlt sich verantwortlich oder wird haftbar gemacht". Allerdings sprach er nur über die Manager der staatlichen IKB-Bank, um damit seine Forderung zu untermauern: „Die Privatisierung von Staatsbeteiligungen muss jetzt erst losgehen."
Wenn es nach der FDP ginge, wären die Sparkassen längst abgeschafft, die Deutsche Bahn an der Börse verscherbelt und der Speiseplan von 20 Millionen deutschen Rentnern vor allem davon abhängig, ob der DAX gerade sechs Prozent zulegt (wie heute) oder zwanzig Prozent verliert (wie letzte Woche).
Die aktuelle Wählerwanderung kann also nichts damit zu tun haben, dass die Menschen hoffen, die Liberalen könnten in der derzeitigen Misere irgendwie weiterhelfen. Vielmehr scheint die FDP zur bloßen Protestpartei des Bürgertums verkommen zu sein. Ihre Wähler interessiert überhaupt nicht, wofür die Partei steht. Es geht nur darum, der CDU oder der SPD oder beiden einen Denkzettel zu verpassen, wofür auch immer. Alles legitim.
Die FDP ist, seit sie Guido Westerwelle erfunden hat, ohnehin nur eine Spaßpartei, und zu lachen gibt es im Moment wirklich nicht so viel. Trotzdem wird die Sache ärgerlich, wenn Westerwelle andere Parteien als „Feinde der Demokratie" geißelt, während in seinen eigenen Reihen Ewiggestrige sitzen, die bis heute im Staat nur ein Wettbewerbshindernis sehen, das sie am liebsten beseitigen würden.