Das Boss-Paradox

Studien zeigen: Männer wollen keine Frau als Chef, würden aber mit ihr schlafen. Wie bitte? Dank eines geheimen Dokuments weiß unser Kolumnist, wie es zu einer so verqueren Denkweise kommen kann.

Männer und eine Frau als Chef, das ist ein Thema, bei dem vielen das Denken vergeht. Was man an den »Mutti«-Witzen über Angela Merkel, einigen Aspekten der Debatte über die Frauenquote und an so mancher Umfrage merkt. »Nur jeder Zehnte will eine Frau als Chef, stand vor einiger Zeit in der »Welt«. So weit, so seltsam.

Richtig crazy aber wird es, wenn man eine Zahl dazu liest, die von der österreichischen Zeitschrift »Madonna« auf ihrer Webseite vermeldet wird: 75 Prozent aller Männer würden mit der Chefin schlafen, wenn es sie beruflich voranbringen würde. Moment, Männer wollen also keine Chefin, würden aber mit ihr schlafen? Was geht da ab?

Glücklicherweise verfügen wir über das Protokoll einer Männergruppensitzung, welches möglicherweise ein wenig Licht ins Dunkel dieser Seelenlage bringt.

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Liebe Mit-Männer, wie geht's, wie steht's? (Leichte Heiterkeit.) Hiermit begrüße ich euch ganz herzlich zum Treffen von »Männl-Ich«, unserer montäglichen Männergruppe für Männer aus Hodenhagen und dem Heidekreis*. Es freut mich, dass Ihr so zahlreich erschienen seid, hallo Jürgen*, hallo Günther*, hallo Jürgen zwo*, und ich höre, Männerpfarrer Steinmann* will auch noch reinschauen, nachdem er im Fitnessstudio Man-Up die neuen Eiweißpräparate gesegnet hat. Der Vorstand (leichte Heiterkeit) und ich versuchen weiter, unseren Termin von Montag auf Donnerstag zu verlegen, um uns an einem männlicheren Wochentag treffen zu können. Ich habe versucht, der Kräuterhexen-Gruppe den Montag schmackhaft zu machen mit Hinweis auf die weibliche Kraft des Mondes, aber die Damen mauern wie immer. Wir sind da natürlich auch auf die Kooperation der Leitung der Volkshochschule Heidekreis angewiesen, deren Räume wir nutzen, in dieser Hinsicht jedoch bislang Fehlanzeige (leichte Unruhe).

Obwohl unsere angeborenen Männerrechte so also weiter beschnitten (unruhiges Stühlerücken) werden, lasse ich mir dennoch nicht den Mund von der Diktatur des Feminismus verbieten und werde euch daher, bevor wir hier mit offenem Visier in den Austausch treten, ein paar Gedanken darlegen zum Thema »Mein Chef ist eine Frau - was nun?«

Ein Thema, das mir am Herzen liegt, wie Ihr euch vorstellen könnt, zumal die Kreisverwaltung ja Jutta Bindestrich-Doppelname* den Vorzug gegenüber mir gegeben hat, als es um die Neubesetzung des Leitungspostens der Volkshochschule Heidekreis Hodenhagen* ging. Bedeutet dies auf übergeordneter Ebene einen weiteren Sieg für die Feminatur, so heißt es ganz konkret für mich, dass ich von nun an unter einer Frau arbeiten werde (mittlere Heiterkeit).

Natürlich stelle ich mir die Frage, wie ich mit der Situation umgehe. An dieser Stelle ganz vielen Dank an Jürgen zwo*, der mit mir in den Wald gegangen ist und mir geholfen hat, ganz viel davon einfach rauszuschreien. Als wir uns dort mit den Hirschen an der Baumrinde rieben, kam mir ein Gedanke: Warum lernen wir nicht endlich von den Frauen, deren Strategien sie ja schließlich zum Sieg geführt haben und uns zu einer unterdrückten, entrechteten Randgruppe gemacht haben, die sich am Montags-Termin den Raum alternierend mit »Internet für EinsteigerInnen« teilen muss? Von Frauen lernen heißt womöglich siegen lernen (starke Unruhe). Bitte, wodurch sind sie denn da, wo sie sind? Indem sie sich über Jahrtausende zielstrebig hochgeschlafen haben.

Und daher stelle ich mir zwei Fragen: Möchte ich eine Frau als Chef haben? Natürlich nicht, ich bin schließlich nicht zum Jahreswechsel bei Mutter ausgezogen, um jetzt schon wieder unter der Fuchtel einer Frau zu stehen (starke Zustimmung). Aber wenn ich dann schon eine Frau als Chef habe, wäre es dann nicht sinnvoll und im Dienste unserer Sache, mit meinem Chef, also dieser Frau, die mein Chef ist, zu schlafen, wenn es mich beruflich voranbringen würde? (Starke Unruhe.) Wenn ich also dadurch etwa die Raum- und Terminkoordination in meinen Aufgabenbereich integrieren könnte? (Starke Zustimmung.)

Hiermit möchte ich das Plenum eröffnen und bin gespannt auf eure Vorschläge, wie ich Jutta Bindestrich-Doppelname* für mein Vorhaben interessieren könnte. Im Dienste unserer Sache, versteht sich. Die Kaffeemaschine ist eröffnet, und danke an Jürgen, der Man-ffins aus Hack und Stutenkerle aus Rinderleber mitgebracht hat.

*Alle Namen und Ortsangaben wurden geändert. Die Volkshochschule Heidekreis gGmbh in Walsrode ist „eine für alle Bürgerinnen und Bürger offene Institution und nimmt das Niedersächsische Erwachsenenbildungsgesetz als Grundlage ihrer Arbeit" und hat daher mit dem hier beschriebenen Unfug natürlich nichts zu tun.

Illustration: Eugenia Loli