Ein Raum für alles

Wellblechdach an Wellblechdach - die Außenaufnahmen von afrikanischen Armenvierteln kennt man. Doch wie leben die Bewohner eigentlich? Nicolai Rapp hat die Schlafzimmer von Slumbewohnern fotografiert.

NICOLAI RAPP

Name: Nicolai Rapp
Geboren: 1983 in Filderstadt
Ausbildung: Fotografiestudium an der Fachhochschule Bielefeld und an der University of Stellenbosch, Südafrika
Website: www.nicolairapp.de

SZ-Magazin: Herr Rapp, kann amn einfach so in ein Slum gehen, um dort Fotos zu schießen? Wie haben die Menschen auf Sie reagiert?
Nicolai Rapp: Es gab immer einen Kontakt zu mindestens einem Einheimischen vor Ort. Das war wichtig, um Vertrauen aufzubauen. Trotzdem wollten manche Menschen nicht, dass ich in ihren Hütten fotografiere. Aber generell habe ich viel Offenheit und Freundlichkeit erfahren. Ich bin da ja auch nicht wie ein Jäger durch die Siedlungen gelaufen und habe ständig Fotos geschossen. Es gab viele Tage, an denen ich einfach die Stimmung erlebt habe, ohne zu fotografieren.

Meistgelesen diese Woche:

Wo genau haben Sie fotografiert?
Die Bilder sind in unterschiedlichen Randbezirken von Großstädten in Südafrika und Namibia entstanden. Von unserem Blickwinkel aus sind es Slums - Armensiedlungen. Für die Menschen dort ist es einfach Alltag: einfachste Lebensbedingungen. Mit der richtigen Bezeichnung der Wohngebiete tue ich mich nach wie vor schwer. Die meiste Zeit habe ich mich sehr wohl und sicher gefühlt. Tagsüber und auch abends beim gemeinsamen Grillen bei lauter Musik. Trotzdem sind es nicht die sichersten Orte der Welt. Die Kriminalitätsrate ist um ein vielfaches höher als bei uns. Ich hatte das Glück, vorher gewarnt zu werden und dementsprechend reagieren zu können. So ist es nie zu einer unangenehmen Situation gekommen.

Warum haben Sie nur die Räume, nicht aber die Menschen fotografiert?
Ich habe mich gefragt, wie die Menschen dort leben. Von außen und von oben kannte ich die Wellblechhütten schon. Doch von innen? Wie richten sich Menschen unter so einfachen Bedingungen ein? Wie schaffen sie es, mit minimalen Mitteln eine angenehme Atmosphäre zu schaffen? Ich habe drinnen übrigens immer die gleiche Perspektive gewählt: So bemerkt man die individuelle Gestaltung der Räume schneller, die Anordnung von Kleidern und Bildern. Viel ist da meist nicht. Trotzdem wirkt jeder Raum anders und sagt viel über seine Bewohner aus, finde ich.

Die Hütten an sich sind aber sehr ähnlich, oder?
Es gibt Unterschiede, etwa beim Material - ob sie mit Wellblech, Pappe, Holz oder schon Beton gebaut wurden. Neben selbstgebaute Hütten zeige ich auch Hütten, die von der Regierung zur Verfügung gestellt werden - meist nach langer Zeit des Wartens. Sie sind aus einfachen Beton-Panels zusammengesteckt und verschraubt. Um einen möglichst authentischen Eindruck zu bekommen war mir wichtig, dass die Bewohner nichts verändern. Um diesen Eindruck zu verstärken, habe ich mich entschieden, nur den Schlafbereich dieser Hütten zu fotografieren. Für mich der intimste Bereich eines Wohnraums. Bei manchen steht ein Bild in dieser Ecke, bei anderen ein Fernseher. Und bei einem ist so wenig Platz in der Hütte, dass sein Fahrrad über dem Bett hängt. Auch wenn die meisten Menschen kaum etwas haben, erzählt doch jede Hütte eine Geschichte.

Fotos: Nicolai Rapp