Nach dem Sturm

Wir stellen Ihnen jede Woche junge, talentierte Fotografen vor. Diesmal: Lena Scherer, die in New York die Folgen des Hurrikan Sandy festgehalten hat.

    Name: Lena Scherer
    Geboren:
    5. Juni 1989
    Ausbildung:
    Fotografen-Gesellin
    Website:
    www.lenascherer.de

    SZ-Magazin: Frau Scherer, Sie haben Sturm Sandy in New York erlebt - für uns, die wir davon nur gelesen haben, wie war es: Schlimmer, als man in Deutschland denkt? Weniger schlimm?
    Es kommt drauf an, wo man sich zu dem Zeitpunkt aufgehalten hat oder wo man lebt. In der Zone A, also am Wasser, war es tatsächlich sehr schlimm. Viele Menschen haben ihr ganzes Hab und Gut verloren und konnten nur tatenlos dabei zu sehen, oder waren bereits evakuiert. In der Mitte Brooklyns hat man nur mitbekommen, dass es unangenehm windig ist. In Dumbo, Rockaway Park und an anderen Orten war es aber wie ein kleiner Weltuntergang.

    Merkte man der Stadt den Sturm noch lange an?
    Ja! Manche Gebäude im Financial District hingen noch lange an Generatoren. Viele hatten kein Internet oder Telefon, wie im Brooklyn Navy Yard, das mannshoch unter Wasser stand und dessen Lagerhallen geflutet wurden. Die Benzin-Knappheit in ganz New York konnte erst spät wieder behoben werden. Die Aufräumarbeiten werden mancherorts noch Wochen, wenn nicht Monate andauern. Jedoch gehen die Menschen unglaublich gut damit um, sie versuchen sich nicht zu beklagen und sind dankbar für die Dinge die sie retten konnten, oder weil sie einen Job haben mit dem sie ihr Leben wieder aufbauen können. Wie zum Beispiel die Bauarbeiterin die ich porträtieren konnte, die nahe der Brooklyn Bridge bei Aufräumarbeiten geholfen hat.

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    Sind Sie während des Sturms zum Fotografieren vor die Tür gegangen?
    Ich habe mich in einem kleinen Hotel in Little Italy aufgehalten, als der Sturm auftraf und dann Montagabend der Strom in ganz Downtown ausfiel. Ich war wenige Minuten draußen, jedoch wurde nach kürzester Zeit klar, dass es tatsächlich lebensgefährlich sein kann. Es flogen Markisen und deren Gestänge durch die Gegend, Strassenschilder wurden Instabil und dazu kam, dass durch den fehlenden Strom natürlich auch keine Sicherheitssysteme, keine Ampeln, keine Alarmanlagen oder Ähnliches funktionierte und die Nebenstrassen für Diebe und Kleinkriminelle ideale Orte wurden.
    Also: Nein. Erst ein paar Tage später bin ich losgezogen.

    Ist New York an sich eine besondere Stadt zum Fotografieren?
    Ja, ist sie. Die Architektur, Strukturen, Farben und vor allem die Menschen sind von solcher Vielfalt, dass man manchmal gar nicht weiß, worauf man zuerst den Fokus richten soll. Ich glaube sogar, dass das Licht hier anders ist. Mal davon abgesehen, dass sich wohl in keiner anderen Stadt so viele Menschen befinden, die mit Fotografie, Fashion, Werbung und den Medien zu tun haben.

    Welche deutsche Stadt finden Sie als Fotografin am interessantesten und warum?
    Das kann ich nicht auf eine reduzieren. Hamburg, Berlin und auch München würden sich das Treppchen teilen. Jede Stadt hat ihren Charme und ihre Vorzüge. Hamburg und dessen Agenturen unterstützen die Nachwuchsfotografen vermehrt, Berlin strotzt vor Kreativität und Anderssein und München hat eine tolle Medienlandschaft und ist eben meine Heimatstadt. Alles ist irgendwie als Fotografin für mich wichtig, vielleicht sollte ich mich irgendwann dreiteilen?

    Wo sehen sie Ihren Schwerpunkt?
    Emotion. Das soll meine Fotografie sein - oder auslösen. Dabei ist nicht unbedingt wichtig welche Emotionen, weil das subjektiv ist. Wichtig ist, dass sie bei mir, während meiner Arbeit anfängt und beim Betrachter aufhört.

     

    Fotos: Lena Scherer