Name: Kathrin Koschitzki
Jahrgang: 1984
Ausbildung: Mediendesign-Studium an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg mit Schwerpunkt Fotografie
Webseite: www.kathreinerle.de SZ-Magazin: Frau Koschitzki, wie entstand die Idee, dem Thema Tagträume eine Fotoserie zu widmen?
Kathrin Koschitzki: Ich ertappe mich nicht selten dabei, wie ich selbst in die Luft starre und mir das ein oder andere Luftschloss baue. Dabei sind meiner Fantasie keinerlei Grenzen gesetzt - in meiner Vorstellung ist alles möglich. Diese Zeit habe ich nie als Verschwendung gesehen, sondern immer als Bereicherung empfunden, als mein ganz eigenes, kostenloses, seelisches Heimkino oder Privattheater, das unbegrenzte Möglichkeiten bietet und mir grosse Freude bereitet. Vielleicht kann meine Bilderstrecke ja den einen oder anderen zum Tagträumen anregen.
Der Zyklus vermittelt den Eindruck, als wären Tagträume für Sie mehr als bloße Gedankenverlorenheit.
Das stimmt. Es ist ein Bewusstseinzustand. Genau das ist für mich das Faszinierende daran. Tagräume entführen den Träumer in andere Welten, lassen ihn aus dem oft eintönigen Alltag ausbrechen und bewirken bei ihm ein angenehmes Wohlgefühl, eine Entlastung. Äußere Reize und Belastungen werden dabei komplett ausgeschaltet, wir begeben uns in einen besonderen Zustand, der weder mit wach noch mit schlafend zu beschreiben ist und wenden uns der inneren Welt zu. Diese Imaginationen und Phantasiegebilde können sich ganz plötzlich von selbst entfalten und sich kaleidoskopartig von einem zum nächsten Augenblick verändern. Sie können aber auch willentlich herbeigeführt oder zumindest angeregt werden, durch Tagtraumhilfen, wie zum Beispiel der Natur, Literatur oder Kunst.
Wie haben Sie die Motive ausgewählt - und wie lange dauerte es, bis ein Bild fertiggestellt war?
Ich habe mich lange mit dem Thema beschäftigt und mir überlegt, welche Aspekte mich daran faszinieren, besonders interessant sind und welche ich gerne in Form von Bildern erzählen und weitergeben möchte: zum Beispiel der befreiende Charakter von Tagträumen, ihre Flüchtigkeit, bestimmte Tagtraumhilfen oder die Möglichkeit, sich wie Peter Ibbetson im Traum zu begegnen, wenn das sonst nicht möglich ist. Nachdem die einzelnen Inhalte der Fotografien feststanden, sind nach und nach Bilder in meinem Kopf entstanden, die ich anschließend visualisiert habe. Das war zeitlich sehr unterschiedlich, manchmal entsteht ein Bild in wenigen Stunden, an anderen arbeite ich mehrere Tage.
Was können Sie uns über die Farbgebung der Fotos erzählen?
Es gibt ein Verfahren in der Filmkunst, das früher öfters verwendet wurde, um Aufnahmen, die bei Tag aufgenommen wurden, durch technische Manipulation so aussehen zu lassen, als wären sie Nachtaufnahmen. Unter anderem hat man dafür spezielle Filme verwendet, die das Bild blau tönen. Dieses Verfahren heisst Day For Night: Der Tag wird zur Nacht, ähnlich wie beim Tagträumen, bei denen tagsüber geträumt wird. Neben den durchgehenden Blautönen habe ich partiell warme Farben, wie rosa und orange verwendet, die das Angenehme, das Tagträume auslösen verdeutlichen sollen.
Was wird Ihr nächstes Projekt sein?
Ich habe Kinder als die perfekten Tagtraumprofis entdeckt, da sie besonders häufig dazu neigen in imaginäre, eigene Welten abzutauchen und unglaublich kreativ sind, allein schon beim Spielen. Das Zusammenarbeiten mit ihnen hat mir grossen Spass gemacht, weil sie so unvoreingenommen und experimentierfreudig sind. Bei meinem nächsten Projekt werde ich deshalb diese kleinen Künstler portraitieren.