Weinblätter-Glücksrollen-Ceviche

Unser Kolumnist wollte schon lange ausprobieren, für welches Gericht sich frische Weinblätter aus dem Garten eignen. Nun hat er sie mit Ceviche gefüllt. Herausgekommen ist ein so aromatisches wie hübsches Mini-Gericht.

Clever: Statt Reis füllt unser Kochkolumnist seine Weinblätter mit Süßkartoffel und Ceviche 

Text, Foto und Video: Hans Gerlach

Bestimmt kennen Sie gefüllte Weinblätter, Dolma oder Dolmades, mit Reisfüllung oder Hackfleisch oder einer Mischung aus beidem. Die herb-säuerlichen Weinblätter geben ihrer Füllung eine zusätzliche Dimension, ausserdem sehen die kleinen Weinblatt-Wickel hübsch aus. Großartiges Konzept! Schon seit einiger Zeit wollte ich ausprobieren, ob diese Weinblatt-Rezepte auch mit frischen Weinblättern funktionieren. Wahrscheinlich sind die gesalzenen Weinblätter, die wir hier kaufen können, ja nur deshalb gesalzen, weil sie dann praktisch unbegrenzt haltbar bleiben und auch den Transport aus Griechenland oder der Türkei gut überstehen. Wenn es in den deutschen Weinregionen üblich wäre, mit Weinblättern zu kochen, gäbe es die Blätter vermutlich auch frisch auf dem Markt – aber ich kenne kein Rezept aus dem deutschsprachigen Raum mit frischen Weinblättern. Falls Sie eines für mich haben, wäre ich sehr dankbar für die Anregung!

Mein Garten ist unter anderem eine Art Asyl für Pflanzen, die nach Foto-Produktionen übrig bleiben. Am Zaun wächst seit bestimmt zehn Jahren eine Weinrebe, deren Sorte ich nicht kenne und die auch nur im allerersten Jahr Trauben angesetzt hat, die dann nicht reif wurden. Eigentlich unbefriedigend, aber rausreißen will ich die Pflanze auch nicht, soll sie halt langsam vor sich hin wachsen, irgendwann war sie immerhin ein Model. Kürzlich habe ich einige Blätter geerntet, um endlich frische Weinblätter zu probieren. Die meisten Blätter an der Rebe sind jetzt im Frühherbst schon dick und ledrig, die wollte ich nicht. An den Triebspitzen finden sich aber genügend zarte kleine Blätter, die schienen mir geeignet für einen Test zu sein.

Ergebnis: roh schmecken die Blätter gar nicht, sie sind zäh und gerbstoffhaltig wie ein pelziger Rotwein, der erstmal zwanzig Jahre reifen muss, bevor vielleicht seine Qualitäten zum Vorschein kommen. Kurz gekocht hingegen schmecken sie frischer als die gesalzene Variante, die Farbe bleibt schön grün und der Biss ist gut. Wer also frische Weinblätter findet – jetzt oder vielleicht im nächsten Urlaub, sollte unbedingt mit den Blättern kochen. Dolmades sind perfekt für einen Test, man könnte auch ein paar Weinblätter mit in ein Kartoffelgratin legen (so ähnlich wie hier, nur einen kleinen Teil vom Mangold durch Weinblätter ersetzen) – oder Sie probieren mein Weinblätter-Glücksrollen-Ceviche aus.

Wahrscheinlich hat mich die Erinnerung an asiatische Blattwickel inspiriert, auch Pfefferblätter sind großartige Hüllen für sehr aromatische Mini-Gerichte wie die vietnamesische BoLaLot oder thailändische Miang Kham.

Weinblätter-Glücksrollen-Ceviche

Zubereitungszeit
50
Gesamtzeit
60
Schwierigkeit

Zutaten:

Für 4 Personen
  • 1 Süßkartoffel
  • 20 Weinblätter (siehe Text) Weinblatt
  • 1 Selleriestängel Sellerie, Staudensellerie
  • 1 Rocoto-Chili oder ein, zwei rote, also reife Jalapeno-Chilis – oder andere Chilis, die es gerade auf dem Markt gibt. Zuhause unbedingt ein Stück probieren, um die Schärfe einzuschätzen, kann auch sein, dass eine halbe Schote reicht oder aber auch mehrere Schoten nötig sind Chili, Jalapeno
  • 16 Kumquats oder Kalamansi-Früchte Kumquat, Kalamansi
  • 250 g sehr frisches Süßwasser-Fischfilet zum Beispiel Saibling oder Lachsforelle Fischfilet, Saibling, Lachsforelle
  • 1 EL mildes Miso Miso
  • Für den Dip
  • 50 g Ingwerwurzel Ingwer
  • 75 ml No-Fish-Sauce (oder 3 EL Fischsauce und 2 EL Wasser) Fischsauce, Fischsoße
  • 30 g brauner Zucker Zucker, brauner Zucker

1. Süßkartoffel sauber schrubben, in 3 mm dicke Scheiben schneiden und mit wenig Wasser gerade noch bissfest dünsten. Weinblätter in Salzwasser 20 Sekunden kochen, dann in kaltem Wasser abschrecken, abtropfen lassen.

2. Für den Dip die Ingwerwurzel schälen, quer zur Faser in möglichst dünne Scheiben schneiden und dann hacken. Kumquats heiß waschen, abtrocknen und quer halbieren, dabei die Kerne mit der Messerspitze aus den Früchten schubsen. Dann die Früchte klein würfeln. Die Hälfte davon mit Ingwer und Zucker zerkleinern, am besten im Mörser – mit einem Cocktailstößel oder einem Kochlöffel in einem stabilen Glas geht es auch. No-Fish-Sauce unterrühren.

3. Selleriestängel längs vierteln, quer in feine Scheiben schneiden. Chili entkernen und hacken. Fischfilet ebenfalls sehr klein würfeln oder hacken. Mit Miso, restlichen Kumquats und den anderen Zutaten mischen, ein paar Minuten durchziehen lassen. Jeweils eine Süßkartoffelscheibe auf ein Weinblatt legen. Mit einem Löffel vom Ceviche aufrollen und in den Dip tauchen.