Wovor haben Sie Angst? 

Nach einem Fernsehkommentar zur Flüchtlingskrise bekam sie Morddrohungen, wurde danach als »Journalistin des Jahres« ausgezeichnet. Anja Reschke im Interview ohne Worte über guten Politikjournalismus, Hassmails und Opern-Arien.

Geboren: 7. Oktober 1972 in München 
Beruf: Journalistin und Moderatorin 
Ausbildung: Jurastudium (abgebrochen), Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Sozialpsychologie 
Status: Auf Rückgratwanderung

Man kann als Fernsehmoderatorin Politikjournalismus machen, ohne übermäßig wahrgenommen zu werden. Das kann sich allerdings auch schnell ändern. Anja Reschke war Leiterin der NDR-Abteilung Innenpolitik und dienstälteste Moderatorin eines ARD-Politikmagazins, unter Politikern galten sie und ihre Redaktion schon länger als kritisch und unbequem – der breiten Öffentlichkeit offenbarte sich das allerdings erst in einem Kommentar von Reschke für die Tagesthemen zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015. Im kanariengelben Etuikleid stellte Reschke sich vor die Kameras und rief leidenschaftlich zum »Aufstand der Anständigen« auf. Sie forderte ein »Dagegenhalten, Haltung zeigen, öffentlich an den Pranger stellen« von Hassschreibern – und wurde dann dafür von ebendiesen angeprangert, das Medienecho war enorm. Sie bekam Morddrohungen, sie wurde als »Journalistin des Jahres« ausgezeichnet. Es hat gedauert, bis der Wirbel um ihre Person sich gelegt hat, später sagte sie darüber: »Heute merke ich, dass ich einen Bekanntheitsgrad habe, den ich nicht steigern möchte.« Jetzt ist sie zur Programmleiterin für den Bereich »Kultur und Dokumentation« befördert worden. Es könnte ihr schwerfallen, ihren Bekanntheitsgrad nicht weiter zu steigern.