Was hat Sie zu einem politischen Menschen gemacht?

Die Schauspielerin Anne Ratte-Polle im Interview ohne Worte über ihren Umgang mit starken männlichen Regisseuren, ihren Nachnamen und die Frage, was mit um die 40 besser ist als mit um die 20?

Geboren: 1974 in Peheim, Niedersachsen
Beruf: Schauspielerin 
Ausbildung: Studium Grundschulpädagogik in Münster (abgebrochen), Hochschule für Musik und Theater, Rostock 
Status: Ach, die ist das

Wetten? Nach ihren Träumen gefragt, antworten deutschsprachige Schauspielstudierende immer das: ein Engagement an der Volks­bühne oder dem Maxim Gorki Theater in Berlin, an den Münchner Kammerspielen. Viele wollen auch ans Wiener Burgtheater oder das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg, aber nie, niemals träumt jemand vom Theater Cottbus. Dabei beginnen nicht nur neunzig Prozent aller Karrieren in der Provinz, sie enden dort auch logischerweise. Anne Ratte-Polle gehört zu den anderen. Nach der Schauspielschule fing sie am Theater in Cottbus an, fiel auf, die großen Bühnen, von denen alle träumen, folgten: Hannover, Berlin, München. Sie arbeitete mit den bekanntesten Regisseuren: Andreas Kriegenburg, René Pollesch, Frank Castorf. Dazwischen viel Fernsehen, Film auch. Für ihre Hauptrolle in Es gilt das gesprochene Wort gewann sie 2019 den Bayerischen Filmpreis. Und dann spielte sie in Dark, der wohl besten deutschen Netflixserie, die Krankenschwester Ines Kahnwald. Ihre Kunst besteht auch darin, »unterentspannt« zu sein, wie das im Schauspieler-Jargon heißt: Scheinbar beiläufig und gelassen selbst in extremen Situationen zu bleiben. Anne Ratte-Polle ist vielleicht die unbekannteste unter den bekannten deutschen Schauspielerinnen. Also Augen auf.