War es früher einfacher, ein Rebell zu sein?

Der Musiker und Schriftsteller Dirk von Lowtzow im Interview ohne Worte über Wut, Entspannung beim Bügeln und das Geheimnis von 25 Jahren Erfolg.

Geboren 21. März 1971 in Offenburg
Beruf Musiker, Schriftsteller
Ausbildung Studium (Kunstgeschichte, Germanistik, Jura, alles abgebrochen)
Status Kopfmensch

Es war höchste Zeit, dass der Mann ein Buch schreibt. Seit 25 Jahren stehen Dirk von Lowtzow und die Band Tocotronic für eine Art von Musik, die man »Diskursrock« nennt, man kann das Wort abwertend oder bewundernd aussprechen, je nachdem. Die schönsten Songs zimmert sich der Sänger stets aus Zitaten und Anspielungen, von Thomas Bernhard (»Samstag ist Selbstmord«) über Gilles Deleuze (»Sie wollen uns erzählen«) bis zu Gustave Flaubert (»Jenseits des Kanals«), und kein Hörer kann je glaubhaft behaupten, ein Tocotronic-Stück zur Gänze verstanden zu haben. Das Sich-Bedienen und Zitieren setzt Dirk von Lowtzow auf der Bühne fort, mal ist er Rockstar, mal Dandy, und wenn er in ein Mikrofon spricht, klingt er stets, als würde er die Stimme ironisch verstellen, sich von sich selbst distanzieren. Es ist kein Widerspruch, dass das Buch Aus dem Dachsbau autobiografisch angelegt ist: Nichts kann man wirkungsvoller dekonstruieren als das eigene Leben. Das Buch ist – Vorsicht, Konzeptkunst! – alpha­betisch aufgebaut, es versammelt Geschichten, Zeichnungen, Gedanken von »Abba« über »Junge Union« bis »Zeit«. Es ist voll mit schönen Beobachtungen und Formulierungen und hinterlässt im Ganzen ein einziges großes Fragezeichen. Alles wie immer also. Nun wäre es Zeit für den ersten Roman.