Was tun Sie gegen Schreibblockaden?

Der Schriftsteller Saša Stanišić im Interview ohne Worte über Peter Handke, den Bosnien-Krieg, Abhängen an der Tankstelle und den Geruch von Waschpulver.

Geboren: 7. März 1978 in Višegrad (damals Jugoslawien)
Beruf: Schriftsteller
Ausbildung: Studium Deutsch als Fremdsprache und Slawistik, Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig
Status: Angekommen

Der freundliche Saša Stanišić haut manchmal Sätze raus, die machen einen fertig. In seinem Roman Vor dem Fest zum Beispiel: »Der Fährmann ist tot, und niemand weiß, warum.« Und weiter: »Wir sind traurig. Wir haben keinen Fährmann mehr. Und die Seen sind wieder wild und dunkel und schauen sich um.« Bumm. Wo gerade noch Wörter ruhig dahinflossen, ist plötzlich ein Abgrund: Seen, die sich umschauen? Man verliert den Halt, stürzt, verliert sich in Fragen, Ahnungen, Ängsten. Vielleicht kann Stanišić so was, weil er auch was verloren hat: Er war 14, als der Krieg in seine Heimat Bosnien kam. Die Familie floh und landete in Heidelberg. Natürlich sprach er, der für seinen jüngsten Roman Herkunft den Deutschen Buchpreis bekommen hat, erst mal kein Deutsch. Hing mit anderen Gestrandeten in Schlaghosen und bunten Jacken an der Tankstelle ab, begann zu lesen. Mit dem Kinderbuch Krabat lief er in den Wald, für Otfried Preußlers dunkle Sprache, deren Wörter er oft nachschlagen musste, brauchte er Ruhe. Er war 15, saß auf einem Hochsitz und stellte sich vor, wie Krabat zu sein und »große, naive, idealistische, pazifistische Zauberstücke zu vollführen«. Heute ist Saša Stanišić 42 und ein bisschen berühmt. Was für eine schöne Geschichte, oder?