Alte Segelschiffe hatten hoch oben einen Ausguck: das sogenannte Krähennest, von dem aus ein Matrose nach Land und anderen Schiffen Ausschau halten konnte. Diese Plattform gibt es bei modernen Regattabooten schon allein aus Gewichtsgründen nicht mehr, den Mann im Mast dagegen schon.
Beim BMW-Oracle-Team ist es meist Eric Doyle, der hinauf muss. »Ich bin dort oben einfach ein zusätzliches Paar Augen«, sagt er. Als Rennstratege ist Doyle zum Beispiel dafür zuständig, nach Wind zu suchen. Der weht manchmal an einer bestimmten Stelle stärker als nur ein paar Meter weiter. Ein erfahrener Mann wie Doyle kann das sehen. Denn wo mehr Wind ist, sieht das gekräuselte Wasser von oben dunkler aus. Wenn Doyle im Mast ist, kann er aus 25 Meter Höhe oft weit ins Hinterland gucken – wenn nicht gerade Berge an der Küste die Sicht verstellen, wie auf diesem Bild in Trapani auf Sizilien. Von seinen Mannschaftskameraden sieht er hier oben nur Schirmmützen. Die Kommunikation mit ihnen läuft per Funk, denn bei voller Fahrt müsste Eric Doyle schon sehr laut brüllen, und selbst dann verstünde man unten kaum ein Wort.
An unruhigen Tagen schaukelt der Rumpf auf den Wellen, dann kann der 33 Meter hohe Mast, an dem Doyle hängt, an der Spitze mehrere Meter hin- und herschwanken. Doyle sitzt zwar in einem Klettergurt, an dem er in die Höhe gezogen wird, und der ihn vor dem Absturz schützt. Aber würde er den Halt verlieren, würde er mit jeder Welle gegen den Mast geschleudert werden und sich mindestens ein paar blaue Flecken, wenn nicht sogar Knochenbrüche holen. »Wenn es rau wird, halte ich mich deshalb wirklich an allem fest, was ich hier oben zu greifen bekomme!«
Foto: BMW Team Oracle