Das weiße Trainer-Hemd

Wer auch immer die Oberhemden von Jogi Löw reinigt, bügelt und stärkt, er oder sie sollte mit Sprechchören („So ein Hemd, so wunderschön wie heute”) gefeiert werden. Derart strahlend weiße Kleidung kannte man zuvor nur aus der Waschmittel-Werbung. Europas Hausfrauen (und -männer) verneigen sich vor so viel deutscher Waschkraft. Verständlich, dass der Löw-Stil Nachahmer findet: Auch Marco van Basten und Fatih Terim, Teamchefs der Niederlande und der Türkei, haben Krawatte und Sakko zur Seite gelegt und belassen es beim frisch gestärkten weißen Oberhemd.

Darin wirkt ein Nationaltrainer beim feierlichen Abspielen der Nationalhymne hinreichend seriös gekleidet, zugleich hat er genug Bewegungsfreiheit für aufgeregte Taktik-Anweisungen (van Basten) und Gefühlsausbrüche (Terim) bis hin zum Feldverweis (Löw). Und während die deutschen Spieler holprig ins Turnier gestartet sind, hat Löw bisher alle Zweikämpfe klar für sich entschieden: Österreichs Coach Josef Hickersberger wirkte im Anzug neben Löw bieder wie ein Staubsaugervertreter, Portugals Luiz Felipe Scolari trug zum Schnauzbart passend einen Trainingsanzug. Nun kommt es im Spiel Deutschland-Türkei zum Halbfinale der Herrenhemden: Löw gegen Terim. Nicht nur weil Terim das Hemd bis zum Bauchnabel aufknöpft, sind wir klarer Favorit.
Foto: afp

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