Der Begriff "Frühflagger" klingt nach einem Teenagerwort für Jungs mit spontaner Erektion. Passt auch, denn das frühzeitige Fahnehissen ist ein Ausbruch unbändiger Leidenschaft. Also hoch damit! Es kann nicht früh genug sein für eine Neuauflage des Sommermärchens 2006, als wir unter der Regie von Sönke Wortmann geschickt Dritter wurden und Deutschland zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder im Ausland beliebt war. Schwarz-Rot-Gelb stand in der inoffiziellen Flaggen-Popularitätsskala plötzlich direkt hinter der grün-gelb-roten Fahne Äthiopiens, die freundliche Reggaefans als ihr Erkennungszeichen tragen, weil sie glauben, es sei die Fahne von Jamaika.
Die meisten Frühflagger klemmen ihre Wimpel aktuell an die Seitenfenster ihrer Autos, wahrscheinlich auch, weil dadurch selbst ein kleiner Polo ein bisschen mehr wie eine Staatslimousine aussieht. Aber auch andernorts erfüllen früh gehisste Fahnen einen guten Zweck: Sie weisen asiatische Schnellreisende diskret darauf hin, in welchem Land Europas sie gerade aus dem Bus gestiegen sind. Eventuell werden die dann in ihrem Reiseführer blättern, auf die Flagge zeigen und rufen: "Aaaaaah! Belgien!" Und dann muss man sie einfach in den Arm nehmen, die Fahne schwenken, mit ihnen singen – und fühlen, dass die EM in uns schon längst begonnen hat. Mehr Stilkritiken:
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