Jüngste 50-Jährige des Jahres: JLo
2017 holte Versace die Supermodels von Cindy Crawford bis Claudia Schiffer wieder raus (also auf den Laufsteg) und sorgte damit für den »Fashion Moment« des Jahres. 2019 gewann Versace erneut den Titel in dieser Kategorie mit freundlicher Unterstützung von Jennifer Lopez: Die singende Schauspielerin erschien im September nach der Modenschau in Mailand in fast dem gleichen legendären »Jungle Print Dress«, das schon im Jahr 2000 für allgemeine Schnappatmung sorgte, weil der Ausschnitt weit über das Zwerchfell hinausreicht. Umgerechneter Medienwert ihres Fashion-Cameos: 9,4 Millionen Dollar.
Ohnehin war es das Jahr von Jennifer Lopez: Verlobung mit einem weiteren Akronym-Schwergewicht (A-Rod), Golden Globe Nominierung (für die Rolle in »Hustlers«), gefeierte Tournee (Motto: »It’s my Party«) und: runder Geburtstag. Jenny from the Block ist nämlich tatsächlich im Sommer 50 geworden, hat sich aber äußerlich ungefähr so stark verändert wie das grüne Versace-Kleid. Soll noch mal einer sagen, jenseits der 40 sei man abgeschrieben in Hollywood.
Das Dumme ist nur: Ist das jetzt wirklich eine gute Nachricht für die anderen 50-Jährigen da draußen? Oder nicht doch eine gewisse Wettbewerbsverzerrung, weil die meisten anderen schon mit Mitte 30 kaum bei der Beauty-Routine solcher Stars mithalten konnten, mit 50 aber erst Recht nicht? Da denken wir 2020 doch glatt noch mal drüber nach.
Konkurrieren ebenfalls um den Titel: Sandra Bullock, Cate Blanchett
Typischer Instagram-Kommentar: »Ihr falschen Fünfziger!«
Passender Song: »Forever Young«, Alphaville
Accessoire des Jahres: Die XXS-Tasche
Es gibt eine Folge von Pumuckl, in der der kleine Kobold unbedingt einen warmen Strickpullover haben will, und Meister Eder muss dann der Nachbarin vorgaukeln, er bräuchte das Mini-Exemplar für die Puppe der kleinen Nichte. Bei der Sängerin Lizzo sah es bei ihrem Auftritt zu den American Music Awards für Nicht-Eingeweihte auch so aus, als hätte sie sich für ihre Handtasche in der Puppenstube bedient. Natürlich Schmarrn, in 2019 galt einfach: Je kleiner die Tasche, desto größer das Echo. Lizzos »Micro-Purse« von Valentino sorgte für endlose Memes. Danach gefragt, was sie denn da drin habe, antwortete die Sängerin erwartungsgemäß: »Oh I’ve got tampons in here, a flask of tequila, condoms…« Ihr Selbstbewusstsein passt jedenfalls nicht hinein.
Die XXL-Tasche ist darüber übrigens keineswegs aus der Mode. Bottega Veneta bringt nächstes Frühjahr ein geflochtenes Modell auf den Markt, das so riesig ist, dass man darin bequem Zwillinge in den Schlaf wiegen kann, wie es eine Kollegin formulierte. Entweder man hat also richtig fette Taschen dabei oder ganz ganz kleine. Womöglich eine Metapher auf die weltweit wachsende Einkommensschere.
Wird auch getragen von: Kendall Jenner, Beyoncé, Dua Lipa
Wird getragen mit: Humor
Typischer Instagram-Kommentar: »Liebling, ich habe die it Bag geschrumpft«
Cover des Jahres: Ashley Graham auf der US Vogue
Ausgerechnet im Januar, wenn eigentlich die Brigitte-Diät Folge 283 ansteht, nahm die amerikanische Vogue zum ersten Mal ein Plus Size Model aufs Cover. Was für ein Signal! Ashley Graham war dort zwar schon mal in einer Reihe anderer Models vertreten, jetzt durfte die 32-Jährige aber zum ersten Mal allein posieren (beziehungsweise nicht ganz allein, sondern schwanger mit Baby im Bauch.) »Das Model, das eine Industrie veränderte«, lautet die vollmundige Titelzeile, der wir natürlich in positiver Endjahresverfassung nur zustimmen wollen.
Der Subtext ist allerdings: Ashley Graham ist noch immer die absolute Ausnahme in der Modebranche. So gut wie keine Luxusmarke zeigt in ihren aktuellen Werbekampagnen Models jenseits einer 38. Auf dem Laufsteg macht höchstens Chromat eine Ausnahme, bei Alexander McQueen und Simone Rocha sind meist ein bis zwei kurvige Frauen zu sehen. Punktabzug in der Wertung gibt es außerdem, weil Graham nur eines von vier Titelblättern ziert (neben Stella McCartney, Greta Gerwig und Cardi B), während sie auf der britischen Vogue vor genau zwei Jahren schon mal ein »Single Cover« bekam.
Typischer Instagram-Kommentar: »Go for gold in 2020!«
Das sagt der Gleichstellungsbeauftragte: »Ist der Ausdruck Plus Size an sich nicht schon ein kleines bisschen diskriminierend...?«
Passende Serie: »Big Little Lies«
Angeklagte des Jahres: Anna Delvey
Von Naomi Campbell über Winona Ryder bis Lindsay Lohan – die Anklagebank hat schon jede Menge sorgsam ausgewählter Büßerhemden und Unschuldskleidchen gesehen. Wo eine Kamera ist, ist auch ein Fotomoment, und vor und in amerikanischen Gerichtssälen sind jede Menge davon.
Aber nicht vor Gericht erscheinen wollen, weil das passende Outfit nicht pünktlich ins Gefängnis geliefert wurde? Das war »a first« in 2019. Bei der Angeklagten handelte es sich um die Hochstaplerin Anna Delvey (richtiger Name: Anna Sorokin), die damit eindrucksvoll bewies, dass sie offensichtlich auch im Gefängnis noch nicht ganz auf dem Boden der Tatsachen gelandet war. Für die anderen Termine legte ihr die Stylistin jede Menge Hängerkleidchen, schmale Chokerbändchen und eine Nerdbrille zurecht. Geholfen hat es bekanntlich wenig: Vier bis 12 Jahre Gefängnis lautete das Urteil.
Aber was wir jetzt natürlich unbedingt aus der demnächst erscheinenden Netflix-Serie über Delvey wissen wollen: Welcher Look kam nicht pünktlich im Rikes Island Prison an? Welcher Online-Shop hat die Lieferung vermasselt? Und hat sie dafür je bezahlt? Wir nehmen an: natürlich nicht, Ehrensache.
Wurde auch schon getragen von: Winona Ryder, Lindsay Lohan
Wird getragen mit: Unschuldsmine
Typischer Instagram-Kommentar: »You look a million dollars!«
Beautytrend des Jahres: Nail-Art
Endlich ein Trend für die ganze Familie: Bei Nail-Art konnte 2019 theoretisch jeder mitmachen, die ganz Kleinen sowieso, Teenager-Mädchen exzessiv, Mütter, wenn Zeit war, sogar junge Männer, zumindest wenn sie modisch ähnlich mutig sind wie Harry Styles, der quasi gar nicht mehr ohne Nagellack das Haus verlässt.
Neben künstlerischen Mondrian- oder Rainbow-Designs wurde Nail-Art dieses Jahr auch »corporate«: Margaret Atwood trug passend zu ihrem neuen Buch »The Testaments« Nagellack im exakt gleichen Grünton, in ausgewählten Studios konnte man sich die Logos von Nike, Adidas oder Champion auf die Nägel kleben lassen.
Die nächste logische Stufe: Logo-Lidschatten. Auf youtube gibt es bereits Tutorials, wie man sich mit feinem Pinsel Louis-Vuitton-Logos auf das Augenlid pinselt. Bald geht’s sicher weiter im Alphabet: »Gebt mir ein D! Gebt mir ein C! Gebt mit ein Doppel-G!«
Wird getragen von: allen
Typischer Instagram-Kommentar: »Handarbeit in 2019«
Passender Song: Aute Cuture, Rosalía