Zu den eher seltenen Paarungen in Moralfragen dürften Helmut Kohl und Immanuel Kant zählen, doch haben sich beide zu Ihrem Problem geäußert. »Entscheidend ist, was hinten rauskommt«, lautet eines der bekanntesten Zitate Kohls. In der Tat lässt sich aus der Sicht des Ergebnisses wenig gegen Ihren Aderlass sagen – Geld hin oder her. Dem Unfallopfer, das dank Ihrer Blutspende gerettet wird, dürfte Ihre Motivation ziemlich egal sein.Unmoralisch im landläufigen Sinne, also der Moral widersprechend, handeln Sie ohnehin keinesfalls, es bleibt jedoch das Problem, ob Sie, nur weil bei Ihnen am Ende Hilfe rauskam, auch positiv moralisch handelten. Für Immanuel Kant war die Antwort klar: nein. Für ihn zählte nur ein Beweggrund als moralisch: »Pflicht! du erhabener großer Name, der du nichts beliebtes, was Einschmeichelung bei sich führt, in dir fassest, sondern Unterwerfung verlangst…« Wichtig war für ihn, sich nicht nur so zu verhalten, dass die Pflicht – in Ihrem Fall die, Hilflosen zu helfen – erfüllt wird, sondern so zu handeln, gerade um die Pflicht zu erfüllen: »Der Begriff der Pflicht fordert also an der Handlung, objektiv, Übereinstimmung mit dem Gesetze, an der Maxime derselben aber, subjektiv, Achtung fürs Gesetz als die alleini-ge Bestimmungsart des Willens durch dasselbe.« Kant war der Meinung, dass die Moralität, »der moralische Wert, lediglich darin gesetzt werden muss, dass die Handlung aus Pflicht, d. i. bloß um des Gesetzes willen, geschehe.«Kohl oder Kant – wer hat Recht? Beide. Kohl dachte, wie es der Soziologe Max Weber von einem Politiker forderte, verantwortungs-ethisch, also mit Blick auf die Folgen; Kant dagegen gesinnungsethisch mit Blick aufs Motiv. Und Sie stehen meiner Meinung nach dazwischen. In der Tat ist es besser, wegen des Geldes Blut zu spenden als gar nicht, aber echte moralische Bonusmeilen für den späteren Freiflug ins Paradies erwerben Sie damit auch nicht.
Die Gewissensfrage
»Gestern habe ich zum ersten Mal Blut gespendet, nachdem mir eine Freundin erzählt hatte, dass man 25 Euro als Aufwandsentschädigung und zu Essen und Trinken bekomme. Ehrlich gesagt habe ich also nicht Blut gespendet, um anderen zu helfen, sondern wegen der sogenannten Aufwandsentschädigung. Ist das unmoralisch oder nicht immer noch besser, als gar nicht zu spenden?« MICHAELA S., BERLIN