Gleich auf Anhieb fiele mir eine ganze Reihe sogar täglich verbreiteter Medienprodukte ein, die man aus Gründen des Allgemeinwohls, auch wenn sie keine Altersfreigabe aufweisen, weder an Jugendliche noch an Erwachsene herausgeben sollte. Andererseits findet fast jede Blüte medialen Schaffens ihre Liebhaber, und ich will keine Klagen am Hals haben, deshalb konzentrieren wir uns hier auf die offiziell beschränkten Elaborate. Und da meine ich: Ja, Sie können die Ausleihe ruhigen Gewissens verweigern. Meines Erachtens sogar besseren Gewissens, als sie herauszugeben.
Dies mag verwundern, sieht doch unser Grundgesetz in der Erziehung nicht nur das »natürliche Recht der Eltern«, sondern auch »die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht«. Darüber wacht die »staatliche Gemeinschaft« – hier, indem sie Ihnen verbietet, nicht freigegebene Filme an Jugendliche abzugeben. Sie überlässt es aber in weiten Grenzen den Eltern, was diese ihre Kinder zu Hause sehen lassen. Damit könnte man meinen, Sie seien außen vor. Dies scheint mir aber am wirklich zentralen Punkt vorbeizugehen: Ihrer Verantwortung für Ihr eigenes Handeln. Wenn Sie infolge des Gesprächs und mit Ihrer Kenntnis des Inhalts der Meinung sind, der Jugendschutz komme hier zu kurz, sollten Sie den Film oder das Spiel nicht ausleihen. Das hat nichts mit einer Bevormundung der Eltern oder Einmischung in deren Erziehung zu tun, Sie verantworten lediglich Ihren Beitrag. Sie greifen nicht in die Rechte der Eltern ein, fallen ihnen nicht in den Arm, ja, Sie belehren sie nicht einmal. Sie sagen schlicht und einfach: Ich mache da nicht mit. Das aber kann Ihnen niemand verwehren, denn umgekehrt kann Ihnen auch niemand Ihre persönliche Mitverantwortung abnehmen.
(Haben Sie auch eine Gewissensfrage? Dann schreiben Sie an Dr. Dr. Rainer Erlinger, SZ-Magazin, Rindermarkt 5, 80331 München oder an gewissensfrage@sz-magazin.de.)
Illustration: Jens Bonnke