Zu Unehrlichkeit will ich nicht raten, deshalb habe ich mich kundig gemacht. Nach Auskunft des zuständigen Bayerischen Innenministeriums orientiert sich die Frage, welche Organisationen extremistisch sind, an Art. 3 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes. Dort werden als Charakteristika unter anderem Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung oder sicherheitsgefährdende Tätigkeiten für eine fremde Macht genannt.
Nun wird die katholische Kirche in Personalunion vom Staatschef des Vatikans geführt, einer absoluten Monarchie, die ähnlich wie die Kirche selbst weder Gewaltenteilung noch Demokratie kennt – beides elementare Grundzüge unserer Verfassung. Frauen wird in Kirche wie Vatikan der gleichberechtigte Zugang zu höheren Ämtern verwehrt, sexuelle Minderheiten werden verfemt und diskriminiert. Zudem sind die hiesigen leitenden Geistlichen, obwohl aus deutschen Staatskassen bezahlt, undemokratisch zustande gekommenen Weisungen aus dem theokratischen Kleinstaat zu Gehorsam verpflichtet. Und so manche ihrer Äußerungen scheinen, wenn auch nicht direkt sicherheitsgefährdend, so doch stark polarisierend. Insgesamt zeigt sich an vielen Stellen also eine deutliche Abweichung von Gesellschaftsverständnis und Menschenbild unserer Verfassung. Letzteres gründet zwar auf dem christlichen Menschenbild, hat sich jedoch im Hinblick etwa auf Eigenverantwortung, Freiheit und Gleichheit gegenüber dem der katholischen Kirche offenbar deutlich weiterentwickelt. Zum Glück für mein Seelenheil müssen wir die Frage, ob die katholische Kirche nun unter die Definition fällt, nicht abschließend beantworten. Denn das Innenministerium teilte auch mit, dass es zu dem Fragebogen eine Liste von extremistischen Organisationen gibt. Ich habe nachgesehen: Die katholische Kirche steht nicht darauf. Sie können also beruhigt »Nein« ankreuzen. Mit dem Segen der Bayerischen Staatsregierung.
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Illustration: Marc Herold