»Mein bevorzugter Baumarkt weist Frauenparkplätze aus, die sich näher am Eingang befinden als die übrigen Parkplätze. Dem Händler steht natürlich das Hausrecht zu, gleichwohl benutze ich als Mann diese Parkplätze, weil ich einen sachlichen Differenzierungsgrund nicht sehe. Handle ich moralisch vertretbar?« Horst S., Kiel
Auto, Baumarkt, Parkplatz und Geschlechter: eine interessante Kombination. Obwohl die Bereiche Auto wie auch Baumarkt durchaus sexuell konnotiert sind, ist es das Überschneidungsthema Parken kaum; dafür umso klischeebeladener im Hinblick auf Geschlechter. Was kann man daraus schließen? Dass Geschlechterklischees womöglich Füllstoff für Lücken der Sexualität sind?
Doch konkret zu Ihrer Frage. Die könnte sich in der Tat mit einem schlichten Verweis auf das Hausrecht schnell beantworten lassen: Auch jenseits aller juristischen Überlegungen sollte doch der Baumarktbetreiber bestimmen können, was in seinem Bereich geschieht, ob Frauen bevorzugt werden oder nicht. Es sei denn, das wäre illegal. Etwa weil der von Ihnen angesprochene »sachliche Grund« fehlt, ohne den hierzulande das Allgemeine Gleichstellungsgesetz die unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts verbietet. Und dazu lohnt es sich, die offizielle Gesetzesbegründung zu lesen, denn die führt Ihren Fall ausdrücklich an: »So sind Frauen generell einer größeren Gefahr als Männer ausgesetzt, Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu werden. Es kann deshalb gerechtfertigt sein, in Parkhäusern Frauenparkplätze zur Verfügung zu stellen, auch wenn sich im Einzelfall nicht nachweisen lassen sollte, dass besondere Gefahren drohen, etwa bei einem beleuchteten Parkplatz in einem sicheren Einkaufscenter.«
Damit wären wir bei einer ganz allgemeinen Überlegung: Auch wenn man, wie Sie, keinen sachlichen Grund für eine Regelung sieht, bedeutet das noch nicht, dass es diesen Grund nicht gibt. Es sei denn, man wäre, wenn schon nicht allwissend, so doch nahe dran. Oder bereit, sich allenthalben mit den jeweiligen Hintergründen auseinanderzusetzen; hier, beim Parken im Baumarkt, etwa mit kriminologischen Erkenntnissen, dem Wert von typisierenden Betrachtungen und Bestimmungen sowie der Genderdiskussion. Ich bin das alles nicht und vielleicht auch deshalb grundsätzlich geneigt, Regelungen zu respektieren. Was nicht bedeutet, dass man sie stets für richtig und unumstößlich halten muss oder sich an sie zu halten ein ehernes moralisches Gesetz darstellt.
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Quellen:
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), zuletzt geändert durch Artikel 15 Absatz 66 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) § 19 Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot
§ 20 Zulässige unterschiedliche Behandlung
Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung) vom 8.6.2006, Bundestagsdrucksache 16/1780 >S. 44 zu § 20 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.09.2011 - 10 Sa 314/11
Firmenparkplatz - Zuteilungskriterium "Frauen vor Männer"
Illustration: Marc Herold