Es geht um eine Menge Kohle

Der beste Grill der Welt ist sehr teuer. Zu Recht.

Heiß begehrt von Grillmeistern: das raumgreifende Modell »Cactus Jack« alias »Oklahoma Joe«.
Wenn sie alle, der Eckart, der Kolja und der Hans-Jörg, nicht müde werden, das Loblied auf Cactus Jack anzustimmen, dann kann das nur bedeuten: Cactus Jack ist der Größte, ja, man möchte fast sagen: Cactus Jack ist der Porsche unter den Grills; natürlich auch beim Preis. Bis zu 70 000 Euro kann er kosten, der Cactus Jack. Der Traum aller Köche und Grillmeister ist ein Hightechprodukt mit Rußpar-tikelfilter und mit sechseinhalb Millimeter dicken Stahlwänden, obendrein robust wie ein Panzer. Viele Weltmeister haben auf dem Modell gegrillt. Mit einem einzigen Gerät lassen sich ganze Biergartengesellschaften bis zu hundert Personen versorgen.

Der Berliner Koch Kolja Kleeberg vom Restaurant »Vau« besitzt bereits einen, der österreichische Meisterkoch Eckart Witzigmann hat sich öffentlich als Cactus-Jack-Fan bekannt, sein Münchner Kollege Hans-Jörg Bachmeier auch. Nicht ganz so große Einigkeit herrscht allenfalls bei der Fra­ge, ob Cactus Jack nicht eigent­lich Oklahoma Joe heißt. Denn so viel steht fest: Cactus Jack war früher als Oklahoma Joe bekannt,
wegen Joe Davenport aus Oklahoma. Der hatte eine dieser typisch
amerikanischen Garagen-Karrieren hingelegt: In Stillwater, eine Stunde von Oklahoma City entfernt, schweißte er Grillgeräte zusammen. Oklahoma Joe aber grillte zu gern, heißt es, er ließ keine Hinterhof-Barbecue-Meisterschaft aus, vernachlässigte seinen Betrieb und ging vor zehn Jahren pleite. Ab dann wurde es unübersichtlich: Rumänische und tschechische Raubkopien drängten in den Markt, zudem verkaufte Davenport die Rechte an seinem Grill gleich zweimal. Nach fünf Jahren vor Gericht einigten sich die Käufer: Der Schweizer Markus Zimmermann bekam die Rechte für Europa, eine amerikanische Gesellschaft die für die USA – seitdem heißt der Oklahoma Joe in Europa vereinbarungsgemäß nur mehr Cactus Jack. Manche benutzen dennoch verwirrende Mischnamen: »Cactus Jack Barbecue Smoker – Oklahoma Joe«.

600 bis 800 echte Cactus Jacks werden heute in Europa jedes Jahr verkauft. Das Einsteigermodell beginnt bei 2000 Euro. Zusammengeschweißt wird das amerikanische Modell vom Schweizer Hersteller irgendwo in einer mittelitalienischen Metallwerkstatt – genauer will Zimmermann nicht werden, »die Konkurrenz hat mir schon einmal einen günstigen Produzenten abgeworben«. Das Geheimnis des Cactus Jack respektive Oklahoma Joe besteht darin, dass er Fleisch auch bei niedrigen Temperaturen garen oder räuchern kann – das soll gesünder sein und vor allem besser schmecken.

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»Bratwurstverbrennen« nennen »Barbecue-Smoker« abfällig gewöhnliches Grillen, bei dem der Rost direkt über der Holzkohle liegt. Fett tropft herunter in die 500 Grad heiße Glut, giftiger Qualm steigt auf. Bei Geräten für das sogenannte indirekte Grillen liegt der Rost seitlich versetzt zum Feuer, das Fleisch wird schonend bei Temperaturen zwischen 120 und 200 Grad gegart. Mit dem Cactus Jack lässt sich das Fleisch außerdem bei nur 80 bis 120 Grad räuchern. Wegen des besseren Geschmacks grillt man oft mit Holz statt Kohle, am besten von Obstbäumen oder Birke.

»Das Barbecue-Smoken auf einem Oklahoma Joe verlangt eine eigene Philosophie und ist etwas ganz anderes als Grillen. Man benötigt viel mehr Zeit«, behauptet Sven Dörge, der in Berlin mit Grillen Geld verdient, mit eigenem Barbecue-Catering-Service. Von Dörge stammt auch ein in der Szene vielbeachtetes Standardwerk: Grillen, im Südwest-Verlag. Günstigere Konkurrenzprodukte des Cactus Jack hält er auch nicht unbedingt für schlechter, aber wahre Barbecue-Experten setzen seiner Meinung nach ohnehin auf Eigenbau-Modelle. Dörge, der einmal die Weltmeisterschaften im Schnell-Grillen gewann, hat seinen Grill auf einem Autoanhänger befestigt. Der Schweizer Cactus-Jack-Hersteller Zimmermann hat schon ein Sondermodell auf einen Lastwagen und eines auf Schienen montiert. Er weiß sogar von Amerikanern, die ein Flugzeug entkernt und zum Riesen-Barbecue-Smoker umgebaut hatten. Dabei fällt schon der gewöhnliche Cactus Jack mit 1,5 Meter Länge recht groß für einen deutschen Balkon aus.