Dr. Jan Valentini ist Oberarzt der Hochschulambulanz für Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt Komplementäre und Integrative Gesundheitsversorgung sowie Leiter des Forschungsbereichs Komplementäre und Integrative Medizin am Universitätsklinikum Tübingen:
»Quark entsteht, indem pasteurisierter Milch Milchsäurebakterien hinzugegeben werden. Durch die dadurch entstehende Ansäuerung der Milch trennt sich die flüssige Molke von der Trockenmasse, die zu Quark wird. Traditionell nimmt man deshalb an, dass dieser Prozess auch im Körper stattfindet. Dadurch können Schwellungen und Flüssigkeit im Körper abgetragen werden. Wendet man also einen Quarkwickel bei Husten mit Auswurf oder einer Bronchitis an, verflüssigt sich dadurch der festgesetzte Schleim. Aus medizinischer Sicht kommt es wohl zuerst zu einer milden Gefäßverengung und anschließend zu einer Anregung der Durchblutung und damit zu einem verstärkten Stoffwechselaustausch. Da der Quark während der Anwendung austrocknet, wirkt er zudem feuchtigkeitsregulierend, also schleimlösend. Aber auch zur Linderung von Schwellungen, Entzündungen und für überlastete Gelenke eignet sich Quark, der aber – anders als bei einem Husten – etwas kühler aufgetragen wird. Zu kalt sollte der Quark allerdings nicht sein und vor der Anwendung außerhalb des Kühlschranks lagern, bis er Zimmertemperatur erreicht. Für die warmen Wickel bei Husten nimmt man den Quark am besten etwa eine Stunde vorher heraus oder wärmt ihn auf einem Teller über dem Wasserbad oder mit einer Wärmflasche vor. Anschließend wird der frische Quark einen bis zwei Centimeter dick auf eine Kompresse zu einem Päckchen gefaltet, welches auf die Haut aufgelegt und mit einem Handtuch abgedeckt wird. Bei akutem Husten wird empfohlen, den Quarkwickel ein bis zwei Mal täglich für eine Stunde auf die Brust zu legen und sich anschließend noch eine Stunde auszuruhen. Gehen die Beschwerden zurück, kann er noch einige Tage einmal täglich aufgelegt werden.
Hausmittel wie Quarkwickel haben sich über Generationen bewährt. Klinische Studien zu ihrer Wirksamkeit existieren allerdings nicht. Grund dafür ist, dass öffentliche Geldgeber genauso wie Pharmaunternehmen wenig Interesse daran haben, solche Studien zu finanzieren. Erstens, weil die Behandlung von schwerwiegenden Krankheiten vorrangig im Fokus der Forschung steht. Und zweitens, weil es nicht gewinnbringend ist. In der evidenzbasierten Medizin existieren neben klinischen Studien jedoch noch zwei weitere Säulen, die ausschlaggebend dafür sind, ob eine Anwendung medizinisch empfohlen werden kann: der Wunsch des Patienten oder der Patientin und die Erfahrung der Ärztin oder des Arztes. Wenn nichts Gravierendes dagegenspricht, greift hier ein pragmatischer Ansatz: Demnach kommen auch Hausmittel, die nicht klinisch getestet wurden, aber seit langer Zeit angewendet und von den meisten Ärzten und Patienten als hilfreich und nebenwirkungsarm angesehen werden, als Behandlungsmethode in Frage. Allerdings gibt es auch einige Hausmittel, deren Wirksamkeit bei Atemwegsbeschwerden durch klinische Studien bewiesen wurde. Dazu zählen unter anderem Inhalationen oder Nasenspülungen mit Salzwasser sowie Salbei und Honig, genauso wie Ingwer bei Übelkeit und Erbrechen.«