»Wir fahren in Urlaub, und am Abend vorher bemerke ich, dass der Kühlschrank doch noch ziemlich voll ist: Gnocchi, Eier, Blattsalat, Paprika, Speck, Käse, alles unberührt verpackt. Darf ich den fremden Nachbarn eine Tüte Lebensmittel an die Türklinke hängen?«
Martina F., Köln
Das ist wahnsinnig schön von Ihnen gedacht, und in einer perfekten Welt wäre die Antwort natürlich: Na klar, unbedingt, supernett. Aber in einer perfekten Welt wäre man zum Beispiel auch kein verwöhnter Konsument, der schon selber weiß, warum er im Supermarkt den Camembert einer bestimmten Marke allen anderen gegenüber vorzieht oder etwa Brie überhaupt nicht ausstehen kann, geschweige denn Emmentaler, und man hätte auch keine Glutenunverträglichkeit, sei diese nun eingebildet oder nicht, weshalb dann womöglich sogar Gnocchi okay wären, es sei denn, natürlich, man achtet auch in einer perfekten Welt auf seine Linie. Und hätte auch nicht den eigenen Kühlschrank schon voll bis oben hin, weil man ja selbst auch ein Leben hat, in dem man sich organisiert so gut es eben geht. Und dann käme natürlich noch hinzu, dass man in einer perfekten Welt seine Nachbarn schon irgendwie kennt, also müssen ja keine engen Freunde geworden sein, aber doch schon so, dass man sich nicht völlig fremd ist. Man müsste also nichts anonym an die Tür hängen, sondern könnte eventuell sogar fragen. Insofern wäre in einer perfekten Welt alles geradezu darauf angelegt, es genau so zu machen, wie Sie es gerne würden.
Aber, und ich hoffe, Sie sitzen: Dies ist keine perfekte Welt. Hand aufs Herz, würden Sie sich freuen, wenn Sie eines Morgens Ihre Wohnungstür aufmachen, und draußen hängt eine Tüte voller Lebensmittel von Fremden? Man würde die doch eher mit gemischten Gefühlen auspacken. Und stünde dann vielleicht vor dem Problem, einiges davon nicht brauchen zu können. Dürfte man es dann seinerseits den Nachbarn zur anderen Seite an die Tür hängen? So schade es ist, jetzt mal aus Sicht von Tierwelt und Natur gesprochen: Sie würden damit nur ein Problem weitergeben. Die eigentliche Frage ist also, und die können Sie nur selbst beantworten: Wie sehr hassen Sie Ihre fremden Nachbarn?