Sollte man Glück lieber geheim halten? 

Eine Leserin hat ihre Eigentumswohnung bald abbezahlt und würde zur Feier gerne ihre Freundin einladen. Ihr Bedenken: Damit könnte sie die finanzielle Ungleichheit zwischen den beiden hervorheben.

Illustration: Serge Bloch

»In Kürze wird meine Eigentumswohnung auch auf dem Papier mir gehören. Ich würde das gerne zum Anlass nehmen, meine Freundin an unserem nächsten Abend einzuladen. Dass ich ein Darlehen abbezahle, ist kein ­Geheimnis, und es langfristig nie zu erwähnen, dürfte schwierig werden. Andererseits lenke ich damit womöglich unangenehm Aufmerksamkeit darauf, finanziell komfortabler dazustehen. Unterstreiche ich mit dem Anstoßen unnötig eine Ungleichheit?« Monika B., Reutlingen

Wie gerne würde man Ihnen dazu raten, Ihrer Freundin bedenkenlos von Ihrem Glück zu erzählen, meine Güte, wozu hat man denn Freundschaften. Sollen einen doch die Feinde beneiden und sich in ihrem hoffentlich hässlichen Kämmerlein grün und blau ärgern, wenn einem schon wieder was ­total Geniales geglückt ist – wenn das auch noch die Freunde tun, wie einsam ist man denn dann.

Aber leider ist Ihre Sorge nicht unbe­gründet. Der Mensch ist von Natur aus ­kleingeistig und egoistisch. Alles darüber ­Hinausreichende ist der Tatsache ge­schuldet, dass er sich, wenn alles gut läuft, weiter­entwickeln, dass er besser werden, gelegentlich über sich hinauswachsen kann. Und ein paar wenige sind auch einfach von Anfang an richtig nett. Das ist das Interessante am Menschen: Es gibt gute Exemplare, man muss sie nur finden.

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Gehen wir mal optimistisch davon aus, dass Ihre Freundin zu den Guten gehört. Gehen wir weiter davon aus, dass die ­wissenschaftliche Studie, die diesen Sommer im Journal of Personality and Social ­Psychology zu diesem Thema publiziert wurde, nicht irrt. Hiding Success nannten die Verfasserinnen Annabelle Roberts, Emma Levine und Ovul Sezer ihre Untersuchung darüber, ob Menschen ihre Erfolge anderen besser verschweigen sollten. Sie identifizierten vier Hauptgründe, aus denen Menschen ihren extra kalt gestellten Champagner dann vorsichtshalber doch alleine trinken: 1) um nicht als Angeber dazustehen; 2) damit das Gegenüber nicht neidisch wird; 3) damit das Gegenüber sich nicht schlecht fühlt; 4) weil es irgendwie peinlich ist, über Erfolg zu reden.

Das Fazit der Studie: Menschen fühlen sich unangenehm bevormundet, wenn irgendwann herauskommt, dass man ­ihnen einen Erfolg verschwiegen hat. Man solle deshalb, wenn einem an der Beziehung etwas liegt, besser davon erzählen. Cheers!