Ach, Südtirol. Schon wieder. Nie ganz günstig, aber man weiß halt, was man bekommt: ein bisschen Italien, aber nicht zu viel, gute Küche und Weine, meistens gutes Wetter, immer tolle Landschaft, perfektes Wellnessbrimborium, selten eine böse Überraschung. Wie oft hab ich mir schon gesagt, jetzt isses genug, jetzt mal was Neues, mal in die andere Richtung fahren, Slowenien, Bulgarien, Slowakei – wenn’s nur nicht so weit wäre.
Und dann sitz ich auf dem Balkon vom »Gerstl« auf über 1500 Metern, glotz in die Berge der Ortlergruppe, warte, bis der Adler wieder aufsteigt aus seinem Horst im Felsen hundert Meter unterhalb des Hotels – und bin zufrieden. Die Großeltern des Wirts haben mit einem einfachen Hofschank auf dem Bauernhof begonnen, jetzt läuft Gianna Nannini zum Aufguss in der Sauna, hinterher wird Aperol gereicht, alles ist möglichst umweltfreundlich, und die Küche ist hier noch besser und mehr bio als anderswo in der Umgebung: Wo sonst unterscheidet man »handgeschmierten« und »handgepflegten« Käse von den Nachbarbauern? Und einen eigenen Nachtisch hat die Familie Gerstl: Obervinschger Schneemilch, großartig. Zweigelt und Solaris kommen vom Kloster Marienberg: Eine niederländische Familie hat den Weinberg ums Kloster herum gepachtet, mit 1340 Metern der höchste in den Alpen. Eine halbe Stunde den Berg hinunter liegt er vom »Gerstl« entfernt. Der Vinschger Wind kann ganz schön kräftig blasen, Anfang Mai kann es noch schneien. Ein großartiges Schauspiel vom Balkon aus.
»Das Gerstl«
Landstraße Schlinig 4,
39024 Mals im Vinschgau, Italien
Tel. 0039/0473/83 14 16, DZ ab 256 Euro inkl. Halbpension